Präventionsprogramm "Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule"

Ein Programm für Schüler*innen ab Klasse 8 und ihre Lehrkräfte zur Prävention und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen

Sechs junge Menschen vor einer Schultafel

Das Präventionsprogramm "Verrückt? Na und!" bringt das Thema psychische Gesundheit in die Schule und ermutigt Schüler*innen und Lehrer*innen, sich aktiv mit der Thematik zu befassen. Einen Schultag lang besucht ein Team aus Expert*innen Schulklassen, um sich mit ihnen und ihren Lehrern offen über die großen und kleinen Fragen zur psychischen Gesundheit auszutauschen.

Das Präventions-Programm “Verrückt? Na und!” richtet sich an Schulklassen ab dem 8. Jahrgang mit den Zielen, die psychische Gesundheit von Schüler*innen und Lehrkräften zu stärken, für das Thema psychische Gesundheit zu sensibilisieren, Prävention zu fördern als auch Toleranz, Offenheit und Verständnis in zwischenmenschlichen Beziehungen zu üben.

Das Programm unterstützt Schulen dabei, sich in guten Zeiten auf schwierige Zeiten vorzubereiten. Dazu gehören Schultage und Fortbildungen für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und weitere Fachpersonen in der Schule. Das Präventionsangebot ist niedrigschwellig und kann mit anderen Präventionsangeboten gut kombiniert werden. Ziel im Setting Schule ist es, mit psychischer Gesundheit gute Schule zu machen.

Das Programm 

Logo Präventionsprojekt "Verrückt? Na und!"

“Verrückt? Na und!” besteht im Kern aus jeweils klassenweise durchgeführten Schultagen für Schüler*innen sowie Fortbildungen für Lehrkräfte. Die Schultage und Fortbildungen wirken wie »Eisbrecher«, damit sich Schulen auf den Weg machen, um mit psychischer Gesundheit gute Schule zu machen. Es ermutigt die Teilnehmenden, bedürfnis- und lösungsorientiert weiterzuarbeiten sowie sich kommunal mit Akteuren aus Gesundheit, Jugendhilfe und Schule zu vernetzen, die sich für psychisches Wohlbefinden und gutes Aufwachsen von jungen Menschen, insbesondere den vulnerablen Gruppen unter ihnen, engagieren.

Das Programm setzt an der Schlüsselstelle und dem Haupthindernis zur Verbesserung der psychischen Gesundheit an: dem Stigma. Das soll reduziert werden mit dem Ziel, ...

  • das Hilfesuchverhalten von jungen Menschen zu verbessern.
  • die Diskriminierung von Betroffenen zu reduzieren.
  • das Selbstwertgefühl von jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen zu stärken.
  • das Selbstwertgefühl von jungen Menschen psychisch kranker Eltern und Young Carers stärken.

Der Schultag dauert ca. 5-6 Stunden und wird von zwei Fachpersonen gestaltet, die beruflich und persönlich Erfahrungen mit der Bewältigung psychischer Krisen, Prävention und Gesundheitsförderung haben. Die Teilnehmenden setzen sich dabei mit ihrem eigenen Leben auseinander und besprechen Situationen, die Menschen aus dem seelischen Gleichgewicht bringen können. Schüler*innen und Lehrkräfte lernen dabei Warnsignale seelischer Krisen kennen, diskutieren jugendtypische Bewältigungsstrategien und hinterfragen Ängste und Vorurteile gegenüber psychischen Krisen. Typische Themen, die erörtert werden, sind beispielsweise Leistungsdruck, Mobbing, Trennung der Eltern, Krankheit in der Familie, Süchte und Zukunftssorgen. 

Die Schüler*innen lernen Menschen kennen, die psychische Krankheit erlebt haben und insbesondere darüber berichten, was hilft aus einer Krise herauszukommen und auch wie wichtig dabei professionelle Hilfe, die Familie sowie die Schule und Mitschüler*innen sind. Sie erfahren z. B. wie sich eine Depression oder eine Psychose anfühlt, was sie für ihre eigene seelische Gesundheit tun können und wer bei psychischen Krisen helfen kann. 
Ein solcher Schultag eignet sich für Schüler*innen gemeinsam mit ihren Klassenlehrkräften ab Klasse 8 der Sekundarstufe I/II.

Gesundheitskompetentes Handeln sollte man nicht erst nach dem Schulabschluss lernen, sondern sehr viel früher. Pädagoginnen und Pädagogen können daran mitwirken, dass diese Kinder mehr Halt erfahren und zu stabilen Persönlichkeiten heranreifen.”

(Dr. Isabella Erb-Herrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK Hessen, in der Broschüre
Kinder psychisch kranker Eltern in der Schule (PDF))

  • Ängste und Vorurteile abbauen – Wohlbefinden stärken

    Die Pubertät stellt Kinder und Jugendliche vor große Herausforderungen. In keinem anderen Lebensabschnitt beginnen psychische Erkrankungen so häufig wie im Jugendalter. Depressionen, Suchterkrankungen, Angst- oder Essstörungen begleiten und gefährden Jugendliche dann häufig ein Leben lang. Oft vergehen jedoch viele Jahre, bis junge Menschen Hilfe suchen und finden. Umso wichtiger sind deshalb wirkungsvolle Projekte zur Prävention und Gesundheitsförderung. Die Schule ist dafür ein wichtiger Ort.

    Durch die altersgerechte Auseinandersetzung mit psychischer Gesundheit in einem bekannten und geschützten Raum werden Ängste und Vorurteile abgebaut. Es werden einfache und wirksame Wege aufgezeigt, wie an Schulen psychisches Wohlbefinden gestärkt und psychische Krisen gemeistert werden können. Schüler*innen erfahren, wie sie Warnsignale seelischer Krisen erkennen. Sie lernen sich und anderen zu helfen und finden heraus, was ihr seelisches Wohlbefinden stärkt. Ängste und Vorurteile gegenüber Menschen mit seelischen Krisen werden hinterfragt und abgebaut. Nicht zuletzt wirkt sich die gemeinsame Bearbeitung eines "schwierigen“ Themas positiv auf die Gruppendynamik und den Klassenzusammenhalt aus und steigert das Wohlbefinden aller.
     

    Studien1 (darunter eine jeweils Pilot-, Wirksamkeits- und Evaluationsstudie) der Universität Leipzig zeigen, dass die Kombination aus Wissensvermittlung, Aufklärung und gleichrangigem Kontakt mit Mitgliedern der stigmatisierten Gruppe sich als vielversprechendste Anti-Stigma-Strategie erweist, insbesondere in der Zielgruppe junger Menschen. Dass Programm wird im Kinder- und Jugendreport der DAK (PDF) als beispielhaftes Projekt zur Förderung von Mental Health Literacy von Kindern und Jugendlichen aufgeführt.

     

    1 I. Conrad, S. Dietrich, D. Heider, A. Blume, M. C. Angermeyer, St. Riedel-Heller (2009): »Crazy? So what!« A school programme to promote mental health and reduce stigma-Results of a pilot study. In: Health Education, 109(4), S. 314–328.; I. Conrad, D. Heider, G. Schomerus, M. C. Angermeyer, St. Riedel-Heller (2010): Präventiv und stigmareduzierend? Evaluation des Schulprojekts »Verrückt? Na und!«. ZPPP, 58(4), S. 257–264.; B. Schulze, M. Richter-Werling, H. Matschinger, M. C. Angermeyer (2003): Crazy? So what! Effects of a school project on students‘ attitudes towards people with schizophrenia. In: Acta psychiatrica Scandinavica 107(2), S. 142–150. 

“Verrückt? Na und!” in Hessen

Seit dem 01.10.2022 gibt es in Hessen eine Landeskoordinierungstelle für das Präventionsprogramm “Verrückt? Na und!”. Die Koordinierungsstelle wird durch die AOK Hessen gefördert und ist bei der HAGE – Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAGE) angesiedelt. Schirmherr für das Programm ist Kai Klose, Minister für Soziales und Integration.

Das Präventionsprogramm “Verrückt? Na und!” wurde im Jahr 2003 von dem Verein Irrsinnig Menschlich e.V. initiiert. Inzwischen wird es bundesweit an über 90 Standorten in 11 Bundesländern umgesetzt, darüber hinaus in Österreich, Tschechien und der Slowakei. Es ist Modellprojekt für die vorbildliche Umsetzung der vom Bundesgesundheitsministerium formulierten Gesundheitsziele "Gesund aufwachsen" und "Depressionen verhindern".

Vorschau: Flyer Landeskoordination
Flyer Landeskoordination "Verrückt?Na Und!" - Hessen

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Bild: © Präventionsprogramm “Verrückt? Na und!”