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7. Fachtag Familienzentren: Die Entwicklung einer achtsamen Organisationskultur

Bericht zur Veranstaltung vom 10.10.2023

13. November 2023
Es hätte keinen besseren Tag als den World Mental Health Day geben können für den siebten Fachtag Familienzentren, bei dem sich die Teilnehmenden intensiv mit dem Konzept der Achtsamkeit auseinandergesetzt haben. Die Veranstaltung fand am 10.10.2023 in der Stadthalle Friedberg statt.
Collage zum Thema Achtsamkeit

Der diesjährige Fachtag knüpfte an die vorangegangenen Fachtage zur Themenreihe „Gesundheitsförderung und Prävention in Familienzentren“ an.
Er stand unter dem Thema „Die Entwicklung einer achtsamen Organisationskultur in Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern” und zeigte auf, wie es durch die Praxis der Achtsamkeit gelingen kann, die vielfältigen Herausforderungen in Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern zu bewältigen.

„Achtsamkeit bedeutet in jedem Augenblick präsent zu sein ohne zu bewerten. Wir können sie entwickeln, indem wir unsere Aufmerksamkeit bewusst auf alle die Verrichtungen und Geschehnisse des Alltags richten, die wir für gewöhnlich nicht beachten.“  (Jon Kabat-Zinn, 2011)

Zielsetzung und Inhalte

  • Was steckt hinter dem Begriff „Achtsamkeit“? Und vor allem: Wie kann die Praxis der Achtsamkeit erfolgreich in Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern gelebt werden?
  • Welche Haltung muss ich selbst einnehmen, um zum einen ein achtsames Miteinander zu fördern und zum anderen mich gut um mich selbst zu kümmern? 
  • Welche Strategien und Methoden gibt es auf persönlicher und organisationaler Ebene, um das Konzept der Achtsamkeit nachhaltig zu integrieren?

Mit einem Impulsvortrag und vielen praktischen Einheiten ist der Fachtag Familienzentren diesen Fragen auf den Grund gegangen.

Eröffnung

Cornelia Lange spricht zum Publikum.t auf der Bühne hinter einem rednerpult und spricht zum Auditorium.
Cornelia Lange (Hessisches Ministerium für Soziales und Integration) eröffnet die Veranstaltung.

Frau Cornelia Lange, Leiterin des Referats Familie im Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege eröffnete die Veranstaltung mit einem Grußwort, in dem sie die Bedeutsamkeit von Gesundheitsförderung, insbesondere vor dem Hintergrund der vielfältigen Herausforderungen in Familienzentren, bekräftigte. 

Robert Hübner vom Hessischen Rundfunk führte die Teilnehmenden durch die Veranstaltung.

Theorie und Praxis der Achtsamkeit

Prof. Dr. Antje Miksch hält ihren Vortrag.
Prof. Dr. Antje Miksch (Evangelische Hochschule Darmstadt) erläutert das Konzept der Achtsamkeit mit Bezug zur Gesundheitsförderung

Thematisch eröffnete Prof. Dr. Antje Miksch von der Evangelischen Hochschule Darmstadt den Fachtag. In Ihrem Vortrag „Achtsamkeit und Selbstfürsorge - Warum es wichtig ist, sich (auch) gut um sich selbst zu kümmern“ erläuterte sie das Konzept der Achtsamkeit und stellte einen Bezug zu Prinzipien und Konzepten der Gesundheitsförderung her. Sie setzte außerdem einen Schwerpunkt auf das Thema Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl.

Workshops

Workshop 1: Stressbewältigung

Samira Christmann steht vor einer Pinnwand, Publikum sitzt im Stuhlkreis
Workshop zum Thema Stressbewältigung mit Referentin Samira Christmann

Samira Christmann, Psychologisches Training und Coaching

Die Teilnehmenden reflektierten zunächst ihren eigenen Stresspegel. Im Austausch erarbeiteten sie dann Stressoren am Arbeitsplatz und mögliche Wege der Bewältigung. Neben vielfältigen Anforderungen aus den Familien und seitens der Organisation berichteten die Fachkräfte auch von hohen eigenen Ansprüchen, die in ihre Arbeit einfließen. Dem gegenüber stehen ganz unterschiedliche Quellen, aus denen sie Energie schöpfen können. Um einen Ausgleich zu schaffen, finden die Mitarbeiter*innen oft Kraft im Austausch mit dem Team. Sie berichteten auch von zahlreichen Ressourcen, die ihre Arbeit für sie bereithält. Einige Einrichtungen bieten darüber hinaus bereits Präventionsangebote zur Stressbewältigung für das Personal an.

Workshop 2: MBSR – Achtsamkeitsmeditation

Prof. Dr. Antje Miksch, Evangelische Hochschule Darmstadt

Antje Miksch sitzt mit Teilnehmenden im Stuhlkreis und erklärt etwas.
Workshop zum Thema MBSR – Achtsamkeitsmeditation mit Prof. Dr. Antje Miksch

MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) dient der Entwicklung einer verantwortungsvollen, bewussten, fürsorglichen und gesundheitsförderlichen inneren Haltung und Lebensführung. Eine klassische Übung der MBSR-Achtsamkeitsmeditation ist die Rosinenübung, bei der eine Rosine mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Diese leitete Antje Miksch im Rahmen des Workshops an und regte die Teilnehmenden dazu an, die Übung auf andere Bereiche des Alltags zu übertragen und in diese zu integrieren. Eine weitere Übung, die zum Ziel hatte, Achtsamkeit zu fördern, war ein 10-minütiger Spaziergang durch den Raum. Hierbei sollten die Teilnehmenden ihre Bewegungen, ihr Umfeld mit den Gegenständen, Menschen und Geräuschen sowie ihre Gefühle ganz bewusst wahrnehmen.

Workshop 3: Achtsamkeit und Selbstfürsorge in der Organisationsentwicklung von Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern

Teilnehmende stehen in Gruppen zusammen und tauschen sich aus.
Workshop zum Thema Achtsamkeit und Selbstfürsorge in der Organisationsentwicklung mit Referentin Cornelia Korreng

Cornelia Korreng, Entwicklung-Bildung-Erziehung

Das Motto des Workshops war, mit Achtsamkeit und Selbstfürsorge zuerst bei sich selbst zu beginnen, um dann eine Achtsamkeitskultur in die gesamte Einrichtung zu tragen. Mit Hilfe unterschiedlicher Methoden zur Selbstfürsorge kamen die Teilnehmenden in den Austausch und reflektierten den eigenen Arbeitsstil sowie die eigene Haltung und ihre persönlichen stressverstärkenden Antreiber. 
Viel Aufmerksamkeit bekam das Thema Achtsamkeit als eine Haltung des Präsentseins und des Nichturteilens. Die Teilnehmenden konnten die vorgestellten Methoden selbst praktisch erfahren, sowohl einzeln als auch in kleinen Gruppen. Im gemeinsamen Austausch wurden auch eigene Erfahrungen für mehr Achtsamkeit und Selbstfürsorge weitergegeben. 

Workshop 4: Aktiver Kurzurlaub – Achtsame Bewegungsrituale im pädagogischen Alltag

Charlotte Sauer und Teilnehmende führe eine Körper-Übung durch.
Workshop zu achtsamen Bewegungsritualen im pädagogischen Alltag mit Referentin Charlotte Sauer

Charlotte Sauer, Gesundheitsbildung kinderleicht

Im Rahmen des Workshops wurden verschiedene Bewegungsübungen durchgeführt, bei denen die Teilnehmenden Tunnel mit ihren eigenen Körpern formten. Ziel der Übungen war es, die Muskulatur zu kräftigen, die Beweglichkeit zu fördern und den Körper zu dehnen. Zudem förderten die Übungen die Körperwahrnehmung und schärften das Bewusstsein für Selbstfürsorge. Ein besonderes Augenmerk wurde weiterhin darauf gelegt, wie diese Bewegungsübungen mithilfe von Geschichten in den Alltag mit Kindern integriert werden können und wie damit das Thema Achtsamkeit für Kinder greifbarer gestaltet werden kann.

Social Body Scan: Zuhören mit Neugierde, Mitgefühl und Mut

Teilnehmende sitzen zu Viert zusammen, eine Teilnehmerin erzählt, die anderen hören zu.
Teilnehmende führen den Social Body Scan durch.

Prof. Dr. Antje Miksch, Evangelische Hochschule Darmstadt

Der Social Body Scan stand unter der Leitfrage: Wie kann ich mehr Achtsamkeit in die Kultur meiner Organisation bringen und was können wir gemeinsam verändern? Prof. Dr. Antje Miksch erklärte den Ablauf: Person A hat 4 Minuten Zeit, sich mitzuteilen, und die anderen drei Personen hören jeweils mit Neugierde (Was habe ich Neues erfahren? Was macht mich neugierig), mit Mitgefühl (Welche Gefühle habe ich bei der Person A) und mit Mut (Welche Handlungsimpulse nehme ich bei der Person wahr) zu. Nach den 4 Minuten geben die Zuhörer*innen ein kurzes Feedback und Person A hört nur zu, ohne zu kommentieren. Danach wechseln die Gruppen die Rolle, bis jede*r einmal jede Rolle innehatte.

Interaktives Resümee: Achtsamkeit und Resilienz

Martina Geßner, Entwicklungswerkstatt

Martina Geßner resümierte die Veranstaltung und stellte in diesem Rahmen einen Bezug zum Konzept der Resilienz her. Achtsamkeit und Resilienz ergänzen einander. Achtsamkeit stärkt die Wahrnehmung und die Akzeptanz. Resilienz fügt die Lösungsorientierung und den Optimismus hinzu. Die Referentin stellte in ihrem Resümee dar, dass Resilienz und Achtsamkeit neben der persönlichen auch die Perspektive des Teams und der Organisation beinhalten und stellte in diesem Zusammenhang Reflexionsfragen an das Publikum. Abschließend konnten die Teilnehmenden auf eine Karte in Form eines Fußes ihren nächsten Schritt notieren und zum Schluss der Veranstaltung auf einen vorgezeichneten Weg legen.

Interaktives Resümee
Interaktives Resümee

Weitere Informationen

Die Veranstaltung wurde vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gefördert. Für die Konzeption, Organisation und Durchführung war die HAGE - Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. zuständig.

Bilder: © HAGE/andreasmann.net