Bedarf - Daten & Fakten

Die Schule bietet die einzigartige Chance, alle Heranwachsenden zu erreichen. In der Schule Ereignisse und Schwierigkeiten, wie psychische Krisen, zur Sprache zu bringen, aufzuklären, zu entlasten und Hilfen anzubieten, hilft präventiv allen Kindern und Jugendlichen, besonders jedoch den belasteten.

Häufigkeit

Etwa eines von sechs Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat eine psychische Erkrankung. Fast jeder 5. unter 18-jährige Mensch erkrankt innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung.

Schulkinder

Im Schulalter nehmen vor allem Ängste und Depressionen zu. Etwa 5 % der Kinder und Jugendlichen leidet an ADHS. Häufig sind außerdem dauerhaft aufsässiges und aggressives Verhalten.

Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren

In diesem Alter nehmen Depressionen und psychosomatische Erkrankungen sowie Suchterkrankungen stark zu. Dies führt oft zu Missbrauch von und Selbstmedikation mit Alkohol, illegalen Drogen und digitalen Medien. 

Geschlechter

Jungen sind etwas häufiger psychisch krank als Mädchen. Ab dem 15. Lebensjahr kehrt sich der Geschlechterunterschied um. Mädchen leiden in ihrer Jugend doppelt so häufig wie Jungen an Depressionen, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Jungen erkranken häufiger an ADHS und Suchtstörungen. 

Familie

In sozialökonomisch schlechter gestellten Familien sind psychische Erkrankungen der Kinder fast dreimal häufiger (26 %) als in besser gestellten (9,7 %). 

Erkrankungen der Eltern

Diese erhöhen das Risiko der Kinder psychisch zu erkranken deutlich: Bei etwa 3 Mio. Kindern ist ein Elternteil im Laufe eines Jahres von einer psychischen Erkrankung betroffen. Diese Kinder haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko, selbst psychisch zu erkranken. Über die Anzahl psychisch erkrankter Geschwisterkinder, weiterer Angehöriger, Nachbarskinder, Mitschüler*innen u. ä. liegen keine Daten vor.
Kinder mit chronischen körperlichen Erkrankungen haben häufiger psychische Beschwerden. Depressionen kommen beispielsweise überdurchschnittlich häufig bei Jungen und Mädchen vor, die unter erheblichem Übergewicht (Adipositas) leiden.

Wer psychisch erkrankt, leidet oft an mehreren Störungen

Das gilt für Erwachsene genauso wie für Kinder und Jugendliche. Jugendliche erkranken besonders häufig gleichzeitig an einer Angststörung und einer Depression.
Wer als Kind psychisch erkrankt, ist auch als erwachsener Mensch stärker gefährdet. Frühe psychische Probleme, insbesondere Depressionen und Angststörungen, sind für die körperliche und soziale Entwicklung von Heranwachsenden schwerwiegende Erkrankungen – nicht selten lebenslang. 

Kinder und Stigma

Psychisch kranke Kinder und Jugendliche werden von der Allgemeinbevölkerung noch schlechter angesehen als psychisch kranke Erwachsene. Stigma ist für Teenager die größte Hürde, sich Hilfe bei psychischen Problemen zu suchen. Sie haben Angst vor öffentlicher Stigmatisierung, vor sozialer Isolation und davor, als Versagerin oder Schwächling abgestempelt zu werden. Sie schämen sich, auch vor ihren Eltern, und stigmatisieren sich selbst.

Fazit

Alle Befunde verdeutlichen, wie (über-)lebenswichtig es ist, Kinder und Jugendliche
bereits in der Schule darauf vorzubereiten, dass es auch ihnen und ihren Familien passieren kann, psychisch zu erkranken. Und wie zentral es dann ist, sich zu helfen zu wissen.
Die Schule kann Kinder nicht davor bewahren, Krankheiten und Schmerz zu erleben, und
sie kann psychische Leiden nicht behandeln. Doch die Schule kann Schüler*innen entlasten, sie informieren und aufklären – und ihnen zur Seite stehen, damit sie nicht allein sein müssen.

 

  • Quellen
    • Bundes Psychotherapeuten Kammer (BPtK) (2020): Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Faktenblatt. URL: <https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2020/10/BPtK-Faktenblatt-Psychische-Erkrankungen-bei-Kinder-und-Jugendlichen.pdf> (18.05.2022).
    • DAK-Gesundheit / Andreas Storm (Hrsg.) (2019): Kinder- und Jugendreport 2019.  Gesundheits- versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Schwerpunkt: Ängste und Depressionen bei Schulkindern. (= Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Bd. 31/2019). Heidelberg: medhochzwei Verlag. URL: <https://www.dak.de/dak/download/report-2169376.pdf> (18.05.2022). 
    • Karow, A. et al. (2013). Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen – Teil 2: Krankheitslast, Defizite des deutschen Versorgungssystems, Effektivität und Effizienz von „Early Intervention Services“. Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 81(11), 628-638.
    • Kessler R. C., Avenevoli S., Costello E. J., et al. (2012). Prevalence, persistence, and sociodemographic correlates of DSM-IV disorders in the National Comorbidity Survey Replication Adolescent Supplement. Arch Gen Psychiatry, 69, 372-380. 
    • Kessler R .C., Berglund, P., Demler O. et al. (2005). Lifetime prevalence and age-of-onset distributions of DSM-IV disorders in the National Comorbidity Survey Replication. Arch Gen Psychiatry, 62, 593-602. 
    • Mattejat, F., Remscheidt, H. (2008). Kinder psychisch kranker Eltern. Deutsches Ärzteblatt 105 (23), 413-8. 
    • Ravens-Sieberer, U., Wille, N., Bettge, S., Erhart, M. (2007). Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse aus der BELLA-Studie im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 50, 871-878.
    • Rüsch, N. (2021): Das Stigma psychischer Erkrankung. Strategien gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. München: Urban & Fischer / Elsevier. S. 247–248.