Ergebnisse der Begleitforschung

Das von 2016 bis 2018 laufende Modellprojekt wurde durch das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin wissenschaftlich begleitet. Aufbauend auf einer umfangreichen Ausgangsanalyse wurde die Implementierung der Schulgesundheitsfachkräfte begleitet. Nach einem Interventionszeitraum von neun bzw. zwölf Monaten wurden beobachtbare und antizipierbare Effekte erfasst und analysiert. Hierzu wurden standardisierte Befragungen von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrkräften und Schulleitungen durchgeführt. Darüber hinaus wurden qualitative Einzel- bzw. Gruppeninterviews mit Schulleitungen, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern durchgeführt.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung haben eindrucksvoll bestätigt, wie wichtig und wirksam die Rolle der Schulgesundheitsfachkraft ist. Im Folgenden sind einige Evaluationsergebnisse exemplarisch zusammengestellt, die zeigen, wie Schulgesundheitsfachkräfte das Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern verbessern und einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit an Schulen leisten.

Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler und der Lehrkräfte mit den Schulgesundheitsfachkräften

Die Zufriedenheit von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften mit der Schulgesundheitsfachkraft ist überwiegend positiv. Eine große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler – insbesondere diejenigen unter 11 Jahren (91 %) – fühlte sich nach dem Besuch wohler. Fast alle Schülerinnen und Schüler empfanden den Besuch als angenehm, fanden es einfach, Kontakt aufzunehmen, und gaben an, dass die Schulgesundheitsfachkraft gut erreichbar ist. Sie hielten es auch für wahrscheinlich, den Rat der Fachkraft zu befolgen.

Die meisten Schülerinnen und Schüler bestätigten, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse in Entscheidungen einbezogen wurden, wobei dieser Anteil bei gesundheitlich benachteiligten Schülerinnen und Schüler mit 78 Prozent am geringsten war. Zudem wurde der Besuch als vertraulich wahrgenommen. Jüngere Schülerinnen und Schüler bewerteten ihren Besuch häufiger als „gut“ oder „sehr gut“ (66%) im Vergleich zu älteren (54%) oder gesundheitlich benachteiligten Schülerinnen und Schüler (51%).

Auch die Lehrkräfte äußerten sich positiv über die Erreichbarkeit der Schulgesundheitsfachkraft, sowohl räumlich (100%) als auch telefonisch (98%), und bewerteten diese als "eher gut" bis "sehr gut". 

Einschätzungen von Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen zur Notwendigkeit des Einsatzes von Schulgesundheitsfachkräften

Der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften stößt auf breite Zustimmung und wird als dringend notwendig erachtet, um die Gesundheitsversorgung an Schulen zu verbessern. Die Mehrheit der Befragten, darunter Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen, ist vom Erfolg des Projekts überzeugt. Angesichts dieser positiven Resonanz und der nachhaltigen Verbesserungen im Bereich der Schulgesundheit empfehlen die Befragten eine Ausweitung des Projekts auf weitere Schulen dringend. 94 Prozent der Eltern und 98 Prozent der Lehrkräfte sind der Ansicht, dass es dringend notwendig ist, dass an ihrer Schule eine Schulgesundheitsfachkraft arbeitet. Die Mehrheit der Eltern ist zudem der Meinung, dass die elternbezogenen Ziele des Modellprojekts voll bis weitgehend erreicht wurden. 98 Prozent der Lehrkräfte und alle Schulleitungen sind überzeugt, dass das Modellprojektziel „Entlastung der Lehrkräfte von fachfremden, gesundheitsbezogenen Aufgaben“ voll und ganz bis teilweise realisiert werden konnte. 91 Prozent der Lehrkräfte sowie alle Schulleitungen sind überzeugt, dass das Modellprojektziel „Steigerung der Arbeitszufriedenheit des Schulpersonals“ teilweise bis vollständig erreicht wurde. 78 Prozent der Lehrkräfte und sieben von neun Schulleitungen sind überzeugt, dass das Modellprojektziel „Steigerung des Wohlbefindens der Schulmitarbeiter*innen“ voll und ganz bis teilweise realisiert werden konnte. 63 Prozent der Lehrkräfte und sechs von neun Schulleitungen sind überzeugt, dass das Modellprojektziel „Verbesserung des Gesundheitsverhaltens der Lehrkräfte und Stärkung ihrer Gesundheitskompetenz“ voll und ganz bis teilweise realisiert werden konnte. 92 Prozent der Eltern und 98 Prozent der Lehrkräfte sind von dem Erfolg des Projekts überzeugt.

Versorgungssituation gesundheitlich benachteiligter Schülerinnen und Schüler

Laut Angaben der Eltern ist für 78 Prozent der Schülerinnen und Schüler die medizinisch-pflegerische Versorgung während der Schulzeit sichergestellt. 29 Prozent der befragten Eltern haben die Schulgesundheitsfachkraft über die chronische Erkrankung oder Behinderung ihres Kindes informiert.

44 Prozent der Eltern sehen in der Schulgesundheitsfachkraft eine Ansprechperson, wenn sie Anleitung, Informationen oder eine Beratung bezüglich der Erkrankung oder Behinderung ihres Kindes benötigen. 82 Prozent der befragten Lehrkräfte geben an, sich bei Unterstützungsbedarf zu den Themen chronische Erkrankungen und Behinderung an die Schulgesundheitsfachkraft zu wenden. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die sich bei Unwohlsein an die Schulgesundheitsfachkraft wenden, hat sich bei denjenigen ohne chronische Erkrankung oder Behinderung von 18 auf 31 Prozent und bei denjenigen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung von 20 auf 38 Prozent etwa verdoppelt.

Entlastung der Eltern und des Schulpersonals

Der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften hat sich als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Er entlastet nachweislich Eltern und Lehrkräfte. Die Mehrheit der Lehrkräfte und Eltern bestätigt spürbare Verbesserungen in Bezug auf die Reduzierung ihres Arbeitsaufwands sowie die effektive Unterstützung durch diese spezialisierten Fachkräfte.

83 % der Eltern, die bereits mit der Schulgesundheitsfachkraft in Kontakt standen, fühlen sich durch deren Arbeit entlastet.

96 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich durch die Arbeit der Schulgesundheitsfachkräfte entlastet. 88 Prozent der Lehrkräfte geben an, dass sich ihr persönlicher wöchentlicher Zeitaufwand für die Übernahme fachfremder gesundheitsbezogener Tätigkeiten seit Beginn des Modellprojekts verringert hat.

Ergebnisse der Interviews

Insgesamt wurden 35 Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 18 Jahren zu ihren Erfahrungen mit Schulgesundheitsfachkräften befragt. Auch Eltern sowie zwei Lehrkräfte wurden zu diesem Thema befragt. In der Zusammenfassung werden die Erfahrungen nach fünf Hauptaufgaben gegliedert dargestellt.

Erste Hilfe

Die Schulgesundheitsfachkraft wird von Schülern, Lehrern und Eltern als kompetente Person für die Erstversorgung in Notfällen geschätzt. Durch Projekte und AGs zur Ersten Hilfe trägt sie zur Sensibilisierung für Notfallsituationen bei. Neben der Erstversorgung übernimmt der Schulsanitätsdienst auch organisatorische und pädagogische Aufgaben, um ein gesünderes und sichereres Umfeld zu schaffen. Seine kontinuierliche Präsenz und sein Fachwissen entlasten die Lehrkräfte und stärken die Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Schule. Eltern wünschen sich eine kontinuierliche und kompetente Notfallversorgung in der Schule, um emotionalen Stress zu vermeiden. Die Lehrkräfte können sich bei Unfällen auf ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Klasse konzentrieren, da sich die Schulgesundheitsfachkraft um erkrankte Schülerinnen und Schüler oder Verletzte kümmert.

Beratungsinstanz

Die Schulgesundheitsfachkraft fungiert als vertrauensvolle Beratungsinstanz für Schülerinnen und Schüler bei körperlichen oder emotional-sozialen Problemlagen und Anliegen. Mit Schweigepflicht ausgestattet, bietet sie Unterstützung und Hilfe bei individuellen Gesundheitsthemen, z. B. bei Fragen zu Kopf- bzw. Bauchschmerzen, Stress, Mobbing oder der Pubertät. Eltern schätzen die Schulgesundheitsfachkraft als Beratungsinstanz, die ihren Kindern bei einer großen Bandbreite altersgemäßer gesundheitlicher oder emotional-sozialer Problemlagen hilft. Lehrkräfte erwarten von ihr fachliche und soziale Kompetenzen, um alle Beteiligten in Gesundheitsfragen zu beraten. Durch ihre Neutralität kann die Fachkraft neue Perspektiven eröffnen und die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen fördern.

Sorgeinstanz

Die Schulgesundheitsfachkraft fungiert als „Sorgeinstanz“ und bietet Kindern und Jugendlichen in der Schule einen Rückzugsort, an dem sie sich frei von schulischen Leistungsanforderungen erholen können. Eltern schätzen diese Fürsorge und Unterstützung, die den Kindern dabei hilft, sich besser zu fühlen. Die Schulgesundheitsfachkraft beobachtet die Schüler genau und kann bei längeren Krankheitsphasen Unterstützung in der Schule anbieten. Von den Lehrkräften wird sie als Anwältin oder Anwalt für Gesundheit gesehen, die zum Wohlbefinden in der Schule beiträgt.

Sicherheitsinstanz

Die Schulgesundheitsfachkraft vermittelt den Schülern ein Gefühl der Sicherheit in Gesundheitsfragen und steht ihnen bei Sorgen zur Seite. Die Schülerinnen und Schüler sind mit ihren Sorgen nicht allein und können sich auf eine qualifizierte und objektive Beurteilung von Gesundheitsproblemen verlassen. Die Eltern können ihre Kinder in guten Händen wissen und den Einschätzungen der Fachkraft vertrauen. Zudem stellen Eltern fest, dass die Zahl der Kinder, die nach Hause geschickt werden müssen, zurückgeht. Dies ermöglicht ein Verbleiben am Arbeitsplatz da Abholungen in der Schule seltener vorkommen. Die Lehrkräfte werden in gesundheitlichen Fragen entlastet und erhalten Unterstützung bei Krisen und psychischen Problemen. Die Zusammenarbeit mit der Fachkraft wird insbesondere bei Langzeiterkrankungen und Behinderungen geschätzt.

Vermittlungsinstanz

Die Schulgesundheitsfachkraft fungiert als Vermittlungsinstanz. Sie leitet Schüler bei Bedarf an andere Gesundheits- und Sozialeinrichtungen weiter und vermittelt zwischen Schülern und Eltern. Aus Schülersicht trägt sie zur Schaffung einer gesundheitsfördernden Schulumgebung bei, indem sie mit einem Netzwerk innerhalb und außerhalb der Schule zusammenarbeitet. Eltern schätzen, dass sie Brücken zum Gesundheitssystem baut und sowohl präventive als auch kurative Angebote vermittelt. Lehrkräfte begrüßen die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und anderen externen Einrichtungen, insbesondere an Inklusionsschulen. Darüber hinaus bringt die Fachkraft wenig beachtete Gesundheitsthemen in die Schule ein und fördert die Prävention durch verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen.

 

Die ausführlichen Berichte der Begleitforschung finden Sie unter nachfolgenden Downloads.

Teil 1 - Analyse der Ausgangslage
Teil 2- Implementationsbegleitung und Wirkungsanalyse