Schulgesundheitsfachkräfte in Hessen

Bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind School Nurses in den USA und Großbritannien etabliert. In Hessen werden seit 2017 Schulgesundheitsfachkräfte an öffentlichen Schulen eingesetzt; inzwischen sind diese spezialisierten Pflegekräfte an 50 öffentlichen Schulen in Hessen tätig.
Ganzheitliche Unterstützung im Schulalltag
Die Schule ist eine Lebenswelt, die für die gesundheitliche Entwicklung der Schüler*innen von zentraler Bedeutung ist. Hier kann Gesundheit erlebt, gefördert und gelernt werden. Schulgesundheitsfachkräfte kümmern sich um die gesundheitliche Versorgung der Schüler*innen und um Gesundheitsförderung und Prävention. Darüber hinaus vernetzen sie sich mit inner- und außerschulischen Angeboten sowie kommunalen Fachdiensten, um eine ganzheitliche Unterstützung im Schulalltag zu gewährleisten.
Insbesondere chronisch kranke und behinderte Schüler*innen erhalten häufig nicht die notwendige Unterstützung - multiprofessionelle Teams ergänzen und verzahnen verschiedene Unterstützungsangebote, um diese Schüler*innen individuell zu fördern.
Das 2017 modellhaft gestartete Projekt wird im Rahmen eines Landesprogramms an allgemeinbildenden Schulen in Hessen fortgeführt und sukzessive mit zusätzlichen Stellen ausgebaut. Die HAGE begleitet und unterstützt das Projekt von Beginn an.
- Erstversorgung bei akuten Beschwerden oder Verletzungen in der Schule, z. B. Erste-Hilfe, Kopf- oder Bauchschmerzen
- Ansprech- und Vertrauensperson für Schüler*innen (Schweigepflicht)
- Unterstützung bei chronischen Erkrankungen/ Behinderungen sowie nach krankheitsbedingter längerer Abwesenheit, z. B. Blutzuckermessung oder Medikamenteneinnahme
- Unterstützung bei Gesundheits- und Entwicklungsstörungen, z .B. durch Beratung bei Gewichtsauffälligkeiten oder Bewegungsstörungen und bei Bedarf anschließender Weitervermittlung
- Planung und Durchführung von gesundheitsbezogenen Programmen, z. B. als Expert*in für bestimmte Unterrichtsthemen
- Mitarbeit an der Entwicklung einer gesünderen Schulumgebung
- Interdisziplinäre inner- und außerschulische Zusammenarbeit / Lotsenfunktion
- Administrative und sonstige Tätigkeiten
Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen schätzen ihren Gesundheitszustand überwiegend als gut ein. Die repräsentativen Befragungen an Schulen der bundesweiten HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children) werden alle vier Jahre durchgeführt. Die aktuellen Daten für Deutschland wurden von einem Forschungsverbund unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) und der Universitätsmedizin Halle erhoben. Die untersuchten Parameter umfassen Fragen zu körperlicher Aktivität, Mobbing und Cybermobbing, psychischem Wohlbefinden, Gesundheitskompetenz und gesundheitlicher Ungleichheit. An der aktuell veröffentlichten Studie nahmen 6.475 Schüler*innen im Alter von 11 bis 15 Jahren aus ganz Deutschland teil.
Exemplarisch finden Sie hier einige ausgewählte Ergebnisse der aktuellen Studie:
- 24,4 Prozent der Schüler*innen verfügen über eine geringe Gesundheitskompetenz. Im Schuljahr 2017/2018 waren es 21,4 Prozent.
- Die Unterschiede variieren stark nach Alter, Geschlecht, Schultyp und familiärem Wohlstand.
- Eine geringe Kompetenz korreliert mit einer hohen psychosomatischen Belastung.
- Nur 10,8 Prozent der Mädchen und 20,9 Prozent der Jungen erreichen die WHO-Empfehlung von mindestens 60 Minuten körperlicher Aktivität pro Tag.
- Je älter die Befragten sind, desto weniger bewegen sie sich. Während rund 15 Prozent der elfjährigen Mädchen die WHO-Bewegungsempfehlung erreichen, sind es bei den 15-Jährigen nur noch knapp sieben Prozent.
- Der Bedarf an Bewegungsförderung ist nach wie vor hoch, insbesondere bei Mädchen.
- 84 Prozent der Befragten schätzen ihren Gesundheitszustand als gut ein, 87 Prozent geben eine hohe Lebenszufriedenheit an.
- Seit 2010 ist ein kontinuierlicher Anstieg der psychosomatischen Beschwerden zu beobachten.
- Mädchen und ältere Jugendliche berichten häufiger von schlechter Gesundheit, geringer Lebenszufriedenheit oder multiplen psychosomatischen Beschwerden.
Originalpublikation:
Kinder und Jugendliche wachsen in Deutschland überwiegend gesund auf. Die Ergebnisse der KIGGS-Welle 2 weisen für die Mehrheit der befragten Kinder und Jugendlichen (95,7 Prozent) einen guten subjektiven Gesundheitszustand aus.
Gleichzeitig ist eine Zunahme chronischer Erkrankungen bei Schüler*innen zu beobachten. Mehr als jedes sechste Kind oder Jugendlicher meistert den Schulalltag mit Heuschnupfen (8,8 Prozent), Neurodermitis (7,0 Prozent) und Asthma bronchiale (3,5 Prozent). 16,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen psychische Auffälligkeiten auf. Fast 200.000 der unter 18-Jährigen galten im Jahr 2019 bundesweit als schwerbehindert. Hinzu kommen im Jahr 2023 insgesamt 1.025.963 gemeldete Schulunfälle sowie insgesamt 92.308 Schulwegunfälle. Alle betroffenen Kinder und Jugendlichen benötigen punktuell oder dauerhaft Unterstützung in der Schule.
Der fortschreitende Ausbau von Ganztagsschulen hat viele Aufgaben aus dem familiären Umfeld in die Schule verlagert. Diese gesellschaftlichen Trends und das Streben nach Bildungsgerechtigkeit stellen die Schulen vor große Herausforderungen.
Der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften wirkt sich positiv auf die Förderung von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit aus. Schulgesundheitsfachkräfte fördern die gesundheitliche Chancengleichheit, indem sie Schüler, Lehrkräfte und Eltern beraten und unterstützen. Insbesondere erleichtern sie den Schulbesuch für Schüler*innen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen. Durch ihre niedrigschwellige Arbeit in multiprofessionellen Teams leisten sie einen Beitrag zum Abbau von Barrieren im Bildungsbereich und zur Stärkung der Gesundheitskompetenz. Zudem ermöglichen sie die frühzeitige Erkennung und Behandlung von gesundheitlichen Problemen bei Schüler*innen.
Gerade im Ganztagsbetrieb von Schulen hat die gesundheitliche Betreuung während der Schulzeit an Bedeutung gewonnen. Diese Aufgabe kann nicht allein von den Lehrkräften geleistet werden. Der niederschwellige Zugang zu medizinisch‐pflegerischen und psychosozialen Leistungen außerhalb des Gesundheitssystems bietet Begleitung und Beratung bei anfallenden Anpassungs‐ und Bewältigungsanforderungen von Familien mit chronisch kranken oder behinderten Kindern und Jugendlichen.
Gutachten belegen, dass Investitionen in diese Fachkräfte positive volkswirtschaftliche Effekte haben, da sie langfristig die Gesundheitskosten senken und die Produktivität durch gesündere und besser ausgebildete Arbeitskräfte erhöhen. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Gesundheitsproblemen verhindert hohe Folgekosten im späteren Leben. Gesundheitlich geförderte Kinder haben bessere Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn, was sich wiederum positiv auf ihre spätere berufliche Entwicklung und ihren gesellschaftlichen Beitrag auswirkt.
Daher verfolgt der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften folgende Ziele:
- Etablierung eines gesundheitsförderlichen Schulklimas
- Vermittlung und Verbreitung von Gesundheitswissen und -kompetenzen
- Verbesserung der Lernvoraussetzungen für alle Schüler*innen
- Integration von Schüler*innen mit chronischer Erkrankung und mit Behinderung
- Verbesserung der Teilhabe von Schüler*innen mit chronischen Erkrankungen und mit Behinderungen
- Reduktion von Fehlzeiten von Schüler*innen sowie dem Schulpersonal
- Entlastung der Lehrkräfte, und des Sekretariats von gesundheitsbezogenen Aufgaben
- Entlastung der Eltern/Sorgeberechtigten
- Reduktion der Unfallzahlen und Unfallkosten
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