nachricht
teamw()rk für Gesundheitsförderung: Gemeinsam stark in einer vernetzten Kommune
Bericht zur teamw()rk-Jahresveranstaltung am 23.10.2025

Die Jahresveranstaltung 2025 des Programms teamw()rk für Gesundheit und Arbeit brachte rund 55 Netzwerkpartner*innen aus den Bereichen Gesundheit, Arbeitsförderung, Verwaltung, Soziales und Bildung zusammen. Ziel war, gemeinsam Wege für mehr Teilhabe, Chancengleichheit und vernetzte Gesundheitsförderung zu entwickeln.
Im Mittelpunkt stand die Frage, wie vorhandene Ressourcen besser genutzt, Beteiligung gestärkt und Gesundheitsförderung nachhaltig in kommunalen Strukturen verankert werden kann. Denn Gesundheit, Teilhabe und Chancengleichheit sind zentrale Bausteine für lebenswerte Kommunen. Sie entstehen dort am wirksamsten, wo viele Akteur*innen ihre Perspektiven, Erfahrungen und Ressourcen bündeln – und wo auch diejenigen aktiv beteiligt werden, um deren Lebensrealität es geht.
Berüßung und Fachvorträge
Nach einer Begrüßung durch Linda Huf-Hoko (Programmleitung „teamw()rk für Gesundheit und Arbeit“, HAGE) und Moderatorin Sandra Helms (Referat Arbeits- und Gesundheitsförderung, Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e. V.) eröffnete Prof. Dr. Christian Kolbe (Frankfurt University of Applied Science) mit einem Impulsvortrag den Tag.
Unter dem Titel „Förderungen und Präventionen im Netz – Differenzen und Konflikte ernst nehmen. Eine Sammlung, eine konzeptionelle Borniertheit und offene Fragen/Analyseangebote“ gab Prof. Dr. Christian Kolbe einen analytischen Einblick in aktuelle sozial- und gesundheitspolitische Entwicklungen, die Bedeutung von Bedürfnisorientierung und die Herausforderungen von Netzwerkarbeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Prof. Dr. Kolbe betonte, dass erfolgreiche Kooperationen Vertrauen, Kontinuität und die Bereitschaft erfordern, Konflikte auszuhalten – nur so könnten tragfähige, verlässliche Netzwerkstrukturen entstehen. Kooperation auf Augenhöhe bedeute, Verantwortung zu teilen statt Hierarchien zu reproduzieren. Kolbe machte deutlich, dass Arbeit und Erwerbslosigkeit gleichermaßen gesundheitlich belastend wirken können – Prävention müsse daher an individuellen Lebenslagen ansetzen und institutionelle Grenzen überwinden. Er warnte vor der „Säulenorientierung“ vieler kommunaler Systeme und plädierte für integrierte Kooperationen, die Konflikte nicht vermeiden, sondern produktiv bearbeiten.
Netzwerke, so sein Fazit, sollten als soziale Räume verstanden werden, in denen gemeinsames Handeln trotz institutioneller Grenzen möglich wird.

Anschließend stellte Prof. Dr. Nadine Reibling von der Hochschule Fulda die Ergebnisse einer Netzwerkanalyse vor. Diese war im Rahmen eines Studienprojekts im Bachelorstudiengang Gesundheitsförderung in Kooperation mit dem Programm „teamw()rk für Gesundheit und Arbeit“ entstanden.
Ziel der Analyse war es, die bestehenden Kooperationsstrukturen und -beziehungen zwischen den Netzwerkpartner*innen zu untersuchen und Erfolgsfaktoren sowie Herausforderungen für gelingende Zusammenarbeit zu identifizieren. Die Online-Befragung zeigte ein hohes Maß an Zufriedenheit mit der Kooperation im Netzwerk sowie vielfältige Motivationen zur Mitwirkung – von fachlichem Austausch über effektive Ressourcennutzung bis hin zur Stärkung der Gesundheitsförderung im institutionellen Kontext. Als zentrale Erfolgsfaktoren wurden Kommunikation, gemeinsame Ziele und vertrauensvolle Beziehungen benannt. Herausforderungen zeigten sich dagegen bei Ressourcenknappheit, fehlender Rollenklarheit und der Verstetigung vorhandener Angebote.
Prof. Dr. Reibling betonte, dass Netzwerke als lernende Systeme verstanden werden sollten, die durch Reflexion und Kommunikation wachsen. Eine klare strategische Verankerung und der kontinuierliche Dialog über Zuständigkeiten und Erwartungen seien entscheidend, um Kooperation langfristig tragfähig zu gestalten.

Austausch und Vertiefung in vier Workshops
Am Nachmittag boten vier Workshops Raum für praxisnahen Austausch zu zentralen Themen der kommunalen Gesundheitsförderung und Netzwerkarbeit.
Leitung: Christine Dilling, Stadtgesundheitsamt Offenbach
Dieser Workshop thematisierte die Bedeutung der kommunalen Ebene als zentrales Setting für nachhaltige Gesundheitsförderung, insbesondere für Menschen in Erwerbslosigkeit. Nach einer kurzen Einführung zur Bedeutung der Kommune als Lebenswelt für Gesundheitschancen diskutierten die Teilnehmenden, wie kommunale Strukturen und Schnittstellen – etwa zwischen Gesundheitsamt, Umwelt-, Sozial-, Sport- und Jugendamt – besser genutzt werden können, um Gesundheitsförderung bei Menschen in Erwerbslosigkeit langfristig zu verankern.
Im Mittelpunkt stand die Frage, welche gesundheitsförderlichen Rahmenbedingungen Kooperationen begünstigen und welche strukturellen Hürden sie behindern. Deutlich wurde, dass heterogene Gruppen aus unterschiedlichen Verwaltungs- und Sozialbereichen neue Perspektiven eröffnen und den Blick für bislang ungenutzte Synergien schärfen. Der Workshop machte sichtbar: Die Kommune ist nicht nur Verwaltungsrahmen, sondern aktives Dachsetting, in dem Gesundheitspolitik, Stadtentwicklung und soziale Integration zusammenwirken können. Erfolgreiche Gesundheitsförderung muss kommunal gedacht werden – als ressortübergreifende Querschnittsaufgabe, die Kooperation auf Augenhöhe, klare Zuständigkeiten und politische Rückendeckung erfordert.

Leitung: Felix Koller, KGC Hessen, HAGE
Im Fokus stand die Frage, wie Gesundheitsförderung nachhaltig in bestehende kommunale Strukturen eingebettet werden kann. Ziel war es, vorhandene Ressourcen, Angebote und Partner*innen sichtbar zu machen und Ansatzpunkte für gemeinsame gesundheitliche Nutzen zu identifizieren. Ausgehend von der Leitidee Health in and for All Policies diskutierten die Teilnehmenden, wie Kooperationen zwischen unterschiedlichen Akteur*innen – etwa Jobcenter, Gesundheitsamt, Volkshochschule oder Akteur*innen aus dem Sozialraum – doppelte Effekte erzielen können: gesundheitliche Verbesserungen für die Dialoggruppe der Menschen in Erwerbslosigkeit und gleichzeitig positive Impulse für Beschäftigungsfähigkeit und Teilhabe.
In Kleingruppen entstand eine „Netzwerkkarte“, auf der die Akteur*innen und Strukturen rund um das Jobcenter und weitere Netzwerkpartner*innen sichtbar wurden. Dabei wurde deutlich, dass Gesundheitsförderung als Querschnittsaufgabe in vielen kommunalen Handlungsfeldern wirksam ist – von Arbeit und Bildung über Stadtentwicklung und Wohnen bis zu Kultur und sozialer Integration. Die Teilnehmenden stellten aber auch fest, dass Kooperationen oft nebeneinander, nicht jedoch im Zusammenspiel bestehen. Diskutiert wurden zudem praktische Planungstools und Good-Practice-Ansätze, etwa der StadtRaumMonitor zur Analyse des kommunalen Umfelds, der Kontext-Check als Toolbox für Bedarfsanalysen oder die Good-Practice-Kriterien des Kooperationsverbunds Gesundheitliche Chancengleichheit zur strategischen Planung gesundheitsfördernder Maßnahmen.
Ein zentraler Gedanke des Workshops war der Übergang vom Nebeneinander zum Miteinander: Gesundheitsförderung gelingt, wenn Ressorts, Träger und Initiativen gemeinsame Ziele und Verantwortlichkeiten entwickeln, ihre Kooperation strategisch und langfristig gestalten und verbindliche Kommunikationswege aufbauen.

Leitung: Doris Wirkner, Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Hessen
Dieser Workshop widmete sich der Frage, wie echte Beteiligung gelingen kann – insbesondere von Menschen in Erwerbslosigkeit bzw. von Armut betroffenen Menschen. Die Teilnehmenden tauschten sich über Gelingensbedingungen, Hürden und erprobte Beteiligungsansätze von Engagement aus. Im Fokus stand der Austausch zu Motiven, Zugängen und strukturellen Voraussetzungen von Beteiligung sowie zur Verknüpfung mit bestehenden Strukturen der Engagementförderung in Hessen.
Im Austausch wurde deutlich, dass Partizipation weniger eine Frage der Methode als der Haltung und der Rahmenbedingung ist. Partizipation braucht Zeit, Ressourcen, Transparenz und Kommunikation auf Augenhöhe. Beteiligung gelingt, wenn Menschen freiwillig mitwirken, Vertrauen, Zugehörigkeit und Selbstwirksamkeit erfahren. Die zentrale Erkenntnis: Partizipation ist kein Instrument, sondern ein Prozess, der Haltung, Geduld und eine wertschätzende Kommunikation erfordert.

Leitung: Sevda Rommel, systemische Coachin
Im Mittelpunkt stand die Rolle des Jobcenters in kommunalen Netzwerken. Die Teilnehmenden setzten sich damit auseinander, wie das Jobcenter im Netzwerk wahrgenommen wird, welche Ressourcen und Stärken es einbringt und welche Bedarfe oder Herausforderungen bestehen, um erfolgreich mit weiteren Akteur*innen zusammenzuarbeiten.
Deutlich wurde, dass Jobcenter bereits über funktionierende Kooperationen, motivierte Mitarbeitende, engagierte Führungskräfte und gut etablierte lokale Netzwerke verfügt. Gleichzeitig zeigte sich ein klarer Bedarf an struktureller Unterstützung: Mehr Freiräume, zusätzliche Ressourcen und stärkere Öffentlichkeitsarbeit wurden als zentrale Entwicklungsfelder genannt. Auch die Vernetzung über Kreisgrenzen hinweg sowie der Einbezug weiterer Partner*innen galten als wichtige Zukunftsaufgaben.
Ein wiederkehrendes Fazit lautete: Gelungene Netzwerkarbeit braucht aufgeschlossene, engagierte Führungskräfte, Raum für Innovation und kontinuierlichen Austausch. Die Teilnehmenden wünschten sich dafür regelmäßige Dialogformate zwischen Jobcentern und eine stärkere überregionale Kommunikation erfolgreicher Praxisbeispiele.

Abschluss: Wie nachhaltige Gesundheitsförderung gelingt
In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Ergebnisse der Workshops im Plenum zusammengeführt und reflektiert.
Zentrale Erkenntnis: Nachhaltige Gesundheitsförderung gelingt nur, wenn Strukturen verlässlich sind, Motivation und Vertrauen gestärkt werden, Institutionen auf Augenhöhe kooperieren und Betroffene aktiv mitgestalten können. Mehrere Beiträge betonten, dass bestehende Strukturen besser verknüpft werden sollten, statt neue zu schaffen. Leitungsebenen fungieren dabei als entscheidende Türöffner für nachhaltige Veränderung. Zudem wurde die Bedeutung qualitativer Maßstäbe jenseits bloßer Kennzahlen betont und auf die unterschiedlichen institutionellen Verständnisse von „Gesundheit“ verwiesen, die es in gemeinsamen Zielen zusammenzuführen gilt. Geschlossen wurde die Diskussion mit der zentralen Frage: „Wie klappt etwas trotzdem?“ – also den Blick auf das Gelingende und die vorhandenen Ressourcen zu richten, statt auf Barrieren.
Eine Mentimeter-Abfrage zeigte, dass fehlende Zeit, fehlende finanzielle Ressourcen und unklare Zuständigkeiten als größte Hürden für die Umsetzung der diskutierten Ideen wahrgenommen werden. Gleichzeitig wurde ein deutlicher Wunsch nach mehr standortübergreifendem Austausch, praxisnahen Beispielen, Methodenqualifizierungen sowie Informationen zu Fördermöglichkeiten und zur Verankerung von Gesundheitsförderung als kommunalem Querschnittsthema für die Zukunft geäußert.

Fazit
Die teamw()rk-Jahresveranstaltung endete mit einem klaren Signal: Gesundheitsförderung, Teilhabe und Chancengleichheit können nur gemeinsam gestaltet werden – in Netzwerken, die Konflikte zulassen, Verantwortung teilen und Strukturen langfristig sichern. Die Kombination aus wissenschaftlichem Impuls, empirischer Netzwerkanalyse und praxisorientierter Workshoparbeit bot wertvolle Anregungen für die Weiterentwicklung lokaler Strukturen.
Gemeinsam wollen wir die Impulse des Tages nutzen, um Vernetzung zu stärken, Strukturen zu festigen und Beteiligung als festen Bestandteil kommunaler Gesundheitsförderung zu verankern – denn Teilhabe lebt davon, dass alle Akteur*innen aktiv mitgestalten können.

Titelbild: © KI-generiertes Bild mit ChatGPT
Fotos: © HAGE