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Psychische Erkrankungen: Im Austausch mit Jugendlichen in Groß-Gerau

Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen besuchte einen Schultag im Präventionsprogramm „Verrückt? Na und!“

30. September 2024
Die hessische Koordinierungsstelle „Psychische Gesundheit in der Schule" hat kürzlich einen Schultag im Rahmen des Programms „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule“ besucht. Neben der Hospitation an der Schule in Groß-Gerau standen der Austausch mit der Regionalgruppe Groß-Gerau und der Landeskoordination des Programms im Mittelpunkt.
Gruppenbild mit der Referentin der Koordinierungsstelle Psychische Gesundheit in der Schule, Mitgliederinnen der Regionalgruppe Groß-Gerau und der Landeskoordination von „Verrückt? Na und!"
v. l. n. r.: Dr. Tanja Nieder-Seiberth (HMKB), Sina Jilg (SPV gGmbH), Loukia Tomanidou (SPV gGmbH), Regina Arnold (Vitos), Chantal Fernandez und Felix Weber (HAGE)

 

 

 

 

 

 


Zu Gast im Prälat-Diehl-Gymnasium in Groß-Gerau waren am 10. September Dr. Tanja Nieder-Seiberth, Referentin der Koordinierungsstelle „Psychische Gesundheit in der Schule” (Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen - HMKB) sowie Felix Weber, Landeskoordinator des Präventionsprogramms „Verrückt? Na und!”. 

Die Schulsozialarbeiterin Patrycia König hatte für diesen „Verrückt? Na und!“-Schultag die Regionalgruppe Groß-Gerau, die für die Umsetzung des Präventionsprogramms verantwortlich ist, engagiert. Der Träger der Regionalgruppe ist die SPV Gemeindepsychiatrische Angebote gGmbH (SPV gGmbH) und setzt sich unter anderem aus einem Mitglied der Vitos gGmbH und Chantal Fernandez zusammen. Durchgeführt wurde der „Verrückt? Na und!“-Schultag von einer fachlichen sowie einer persönlichen Expertin, das heißt einem Menschen, der Erfahrungen mit psychischer Krankheit bzw. psychischen Krisen hat.

Jeder Schultag ist individuell und facettenreich, auch wenn der Ablauf eigentlich 
immer gleich ist!

Sina Jilg, SPV gGmbH

Psychische Gesundheit, psychische Krisen: Offener Austausch

Der Schultag begann mit einem offenen Gespräch, bei dem die Schüler*innen ihre bisherigen Erfahrungen mit psychischer Gesundheit und seelischem Wohlbefinden teilten. Die Jugendlichen erörterten, was sie bereits über psychische Gesundheit wissen, welche Erfahrungen sie eventuell mit psychischen Erkrankungen gemacht haben und wie sie sich in guten Zeiten um ihr seelisches Wohlbefinden kümmern können. Die Klasse diskutierte auch offen über verschiedene psychische Krankheiten wie Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörungen oder Sucht und deren Auswirkungen auf die Betroffenen sowie über die Fragen „Wie können wir in guten Zeiten für uns sorgen? Was hilft und stärkt uns?“.

Nach der Gesprächsrunde folgte eine intensive Phase der Gruppenarbeit. Themen waren unter anderem die Bewältigung von Krisen, der Umgang mit Ängsten und Vorurteilen sowie die Frage, wie man Stigmatisierungen entgegenwirken kann. Besonders wertvoll war, dass die Schüler*innen ihre eigenen Fragen, Erfahrungen und Interessen einbrachten.

Eine Betroffene erzählt

Eine besondere Erfahrung für die Jugendlichen war die Gesprächsrunde mit einer Betroffenen, die eine psychische Erkrankung bewältigt hat. Sie teilte ihre persönliche Lebensgeschichte, berichtete über ihren Umgang mit ihrer Erkrankung, wie und an welchen Stellen sie schließlich Unterstützung gefunden hat und wie man aus Krisen gestärkt hervorgehen kann. An solch persönlichen Beispielen bekommt das komplexe Konstrukt einer psychischen Erkrankung ein konkretes Gesicht, wird greifbar – und dabei ganz normal. Die Schüler*innen haben erfahren, wie wichtig es ist, in schwierigen Zeiten Freunde und Familie zu haben, dass es Wege aus der Krise und Unterstützungsmöglichkeiten gibt – und dass es von Stärke zeigt, diese in Anspruch zu nehmen.

Im Anschluss stellten die Schüler*innen sowohl der fachlichen als auch der persönlichen Expertin Fragen und informierten sich weiter über psychische Erkrankungen. Als weiterführende Materialien und Hilfsmittel erhielten sie eine Broschüre, die die häufigsten psychischen Erkrankungen „jugendgerecht“ aufgreift sowie einen „Krisenauswegweiser“ des Kreises Groß-Gerau mit den wichtigsten Anlaufstellen zu verschiedenen Themen.

Die Ernsthaftigkeit und das Interesse, mit dem sich die Schülerinnen und Schüler über die Dauer eines Schultages zum Thema psychische Erkrankungen ausgetauscht haben, macht deutlich, dass das Thema psychische Erkrankungen und der entstigmatisierende Umgang damit in die Schule gehört. 

Dr. Tanja Nieder-Seiberth, Referentin in der Koordinierungsstelle Psychische Gesundheit in der Schule, 
Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen
 

Erkenntnisse und Eindrücke

Im Anschluss an den Schultag tauschte sich das Team der Regionalgruppe intensiv mit Dr. Tanja Nieder-Seiberth und Felix Weber über die Eindrücke und Erkenntnisse des Vormittags aus. Besprochen wurde, welche Themen die Schüler*innen besonders beschäftigt haben und welche Botschaften vermittelt werden konnten. Auch die Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit wurde im Hinblick auf vergangene und kommende „Verrückt? Na und!“-Schultage am Prälat-Diehl-Gymnasium thematisiert.

Der Tag in Groß-Gerau hat gezeigt, wie wichtig es ist, (bereits) frühzeitig für psychische Gesundheit zu sensibilisieren und aufzuzeigen, dass es auch in schwierigen Zeiten Wege aus der Krise und Unterstützungsmöglichkeiten gibt.

Über das Programm

„Verrückt? Na und!“ bringt das Thema psychische Gesundheit in die Schule und ermutigt Jugendliche sowie Lehrkräfte, sich aktiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. Es richtet sich an Schulklassen ab dem 8. Jahrgang mit den Zielen, die psychische Gesundheit von Jugendlichen und Lehrkräften zu stärken, für das Thema zu sensibilisieren, Prävention zu fördern sowie Toleranz, Offenheit und Verständnis in zwischenmenschlichen Beziehungen zu üben. 
Gestaltet wird der „Verrückt? Na und!“-Schultag stets von einem Tandem aus einer/einem fachlichen und einer/einem persönlichen Expert*in, also einem Menschen, der Erfahrungen mit psychischer Krankheit bzw. psychischen Krisen hat.

„Verrückt? Na und!" in Hessen

Seit dem 01.10.2022 gibt es in Hessen eine Landeskoordinierungsstelle für das Präventionsprogramm „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule“. Die Koordinierungsstelle wird durch die AOK Hessen gefördert und ist bei der HAGE – Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e. V. angesiedelt.

„Verrückt? Na und!” in Hessen

Foto: © HAGE