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Landesprogramm „Präventionsketten Hessen": 3. Qualifizierungsmodul
Bericht zur Veranstaltung vom 30.-31.10.2023
Das Landesprogramm „Präventionsketten Hessen" startete im Januar 2023 mit zehn hessischen Kommunen. Es unterstützt diese Kommunen dabei, ganzheitliche und passgenaue Präventionskonzepte für Kinder und ihre Familien zu entwickeln. Zur Unterstützung der Koordinator*innen aus den teilnehmenden Kommunen hat die Landeskoordinierungsstelle im Jahr 2023 drei Basisqualifizierungen angeboten. Die ersten beiden Qualifizierungen fanden im Mai und im Juli statt. Sie können die Dokumentationen einsehen: 1. Basisqualifizierung, 2. Basisqualifizierung.
Das dritte Qualifizierungsmodul wurde am 30. und 31. Oktober 2023 im Hochschulzentrum Fulda Transfer umgesetzt und beschäftigte sich u. a. mit den folgenden Fragestellungen:
- Welche Aufgaben und Rollen habe ich als Koordinationsfachkraft im Netzwerkmanagement?
- Was bedeuten Veränderungsprozesse und welche Methoden gibt es für die eigene kommunale Arbeit?
Mit verschiedenen interaktiven Methoden, fachlichen Impulsen und Praxisbeispielen wurde zu den Themen gearbeitet. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, die eigenen Rollen und Aufgaben in Hinblick auf das Netzwerkmanagement zu reflektieren und sich mit dem Thema Veränderung auseinanderzusetzen.
„Netzwerken bedeutet nicht nur, Menschen miteinander zu verbinden. Es geht darum, Menschen mit Menschen zu verbinden, Menschen mit Ideen und Menschen mit Möglichkeiten.“ (Michele Jennae)
Hinter der Präventionskettenarbeit steht ein großes Netzwerk, aus dem im Idealfall viele Synergien und Kooperationen genutzt werden können, um die kommunalen Unterstützungsangebote für Kinder und Familien gemeinsam weiterzuentwickeln. Für eine gewinnbringende Netzwerkarbeit bedarf es wichtiger Koordinationskompetenzen, um den Nutzen der Zusammenarbeit für alle Netzwerkpartner*innen sichtbar zu machen und um aus den verschiedenen voneinander unabhängigen Partner*innen
eine Verantwortungsgemeinschaft zu bilden, die gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen.
Die Koordinationsfachkräfte bei dieser herausfordernden Arbeit zu unterstützen, ist eine der Aufgaben der Landeskoordinierungsstelle Präventionsketten Hessen. Um den Teilnehmenden neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Netzwerkarbeit aufzuzeigen, war die Expertin Frau Prof. Dr. Carmen Hack (Fachhochschule Kiel, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit) zum Qualifizierungsmodul als Referentin eingeladen.
Frau Prof. Hack führte die Koordinationsfachkräfte am ersten Tag durch das spannende und vielschichtige Thema „Netzwerkmanagement“. Dabei thematisierte sie die Rahmenbedingungen der kommunalen Netzwerkarbeit: Sie ging auf die verschiedenen Hierarchieebenen (Kommunale Spitze/Ausschüsse, Amtsleitungen/Koordinator*innen, freie Träger/Einrichtungen) und Systemebenen (Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheit, Schule, Soziale Sicherheit etc.) ein und zeigte auf, wie herausfordernd intersektorale Netzwerkarbeit im kommunalen Mehrebenensystem sein kann. Das Darlegen der verschiedenen Ebenen regte die Diskussion und Reflexion der eigenen Netzwerkarbeit der Koordinationsfachkräfte an. Dabei wurden verschiedene Spannungsfelder thematisiert:
- Vielfalt – Einheit
- Flexibilität – Spezifität
- Autonomie – Abhängigkeit
- Vertrauen – Kontrolle
- Kooperation – Wettbewerb
- Stabilität/Kontinuität – Fragilität/Wandel
- Formalität – Informalität
- Ökonomie – Herrschaft
Frau Prof. Hack ging auf die möglichen Herausforderungen in den jeweiligen Spannungsfeldern ein, motivierte die Koordinationsfachkräfte jedoch, sich vor allem auf die Handlungsmöglichkeiten zu fokussieren, die es in jedem Spannungsfeld gibt. Die Referentin betonte dabei die Wichtigkeit, die eigene Rolle sowie Aufgabe zu kennen und sich den Schwerpunkt und das Ziel der eigenen Arbeit immer wieder bewusst zu machen. Sie bestärkte die Koordinationsfachkräfte darin, frühzeitig mit den Verantwortlichen in der Politik gemeinsame Ziele abzustimmen. Eine definierte gemeinsame Ausrichtung erleichtert die Netzwerkarbeit, da sie Klarheit und Legitimation für die Koordinationskraft schafft.
Auf den intensiven ersten Qualifizierungstag folgte ein gemeinsamer Ausklang mit einer Führung durch die Altstadt in Fulda und einem abschließenden gemeinsamen Abendessen.
„Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt zu sehen wünschen.“ (Mahatma Gandhi)
Die Präventionskettenarbeit besteht nicht nur aus der Fähigkeit, Netzwerke gut zu koordinieren, sondern auch Veränderungsprozesse in den kommunalen Verwaltungsstrukturen anzustoßen. Im Sinne der Präventionskettenarbeit werden unter Veränderungsprozessen im kommunalen Handeln verstanden, dass kommunale Fachkräfte in der Verwaltung sowie in der Praxis sich mit ihrer Arbeit und Haltung zu den Themen Kinderrechte, armutssensibles Handeln und Gesundheitsförderung auseinandersetzen. Ziel der kinderrechtebasierten Präventionsketten ist es, dass sich langfristig eine Verwaltungskultur entwickelt, in der das Kind im Zentrum kommunalen Handelns steht und in der es eine abgestimmte Zusammenarbeit aller Institutionen und Träger gibt.
Vor diesem Hintergrund regte Cathy Narrimann von Flipped Job Market die Koordinationsfachkräfte dazu an, sich mit dem Begriff der Veränderung auseinanderzusetzen. Die Teilnehmenden lernten Methoden kennen, wie sie selbst Veränderungsprozessen begegnen und wie sie diese anstoßen sowie fachlich begleiten können. Der interaktive Workshoptag ermöglichte, den Teilnehmenden, Veränderungen selbst zu erleben, und mögliche Bedenken vor Veränderungsprozesses zu nehmen. Es wurde deutlich, dass Veränderung häufig besser funktionieren als gedacht - und dass sie sogar Spaß machen können. Frau Narrimann ließ die Koordinationsfachkräfte „blinde Porträts“ zeichnen und zeigte auf, dass z. B. klassische Besprechungen in offiziellen Räumen durch einen Spaziergang („Walk2Talk“) anregend für Veränderungsprozesse sein können.
Mit den „Gerne-Prinzipien“ erläuterte Frau Narrimann, wie bestehende Prozesse betrachtet und reflektiert werden können:
- Es ist schon alles da! – Nicht von Neuem beginnen, sondern beim Bestehenden ansetzen.
- Gerne statt gut – Mit dem beginnen, was man gerne macht und wofür das Herz schlägt.
- Resonanz! - Veränderung spüren, Stimmungen ernst nehmen und daraufhin konkrete Schritte umsetzen; darum geht es in der Resonanz (Verstehen-Verständnis-Einverständnis-Umsetzung).
- Serendipity – Reflexion der eigenen Ziele und Offenheit für zufällige und nicht gesuchte Begebenheiten. Neue und überraschende Entdeckungen erweisen sich in den meisten Fällen als Gewinn für die eigene Arbeit.
- Kopfstand – Hin und wieder die Perspektive wechseln hilft, Prozesse mit dem nötigen Abstand zu betrachten und zu reflektieren.
Die Auseinandersetzung und die Reflexion am zweiten Workshoptag regte die Teilnehmenden dazu an, Veränderungen als etwas Positives zu verstehen; das Gegenteil von Veränderung kann Stillstand sein, was in den meistens Fällen eher als negativ wahrgenommen wird.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für die zwei produktiven Veranstaltungstage und laden Sie dazu ein, uns Ihre Themenwünsche und Bedarfe für weitere Vertiefungen per Mail mitzuteilen: praeventionsketten@hage.de.
Organisation
Die Veranstaltung wurde von der Landeskoordinierungsstelle Präventionsketten Hessen organisiert. Sie ist bei der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e. V. (HAGE) mit Sitz in Frankfurt am Main angesiedelt. Das Landesprogramm „Präventionsketten Hessen – Gelingendes Aufwachsen, Kinderrechte leben“ wird durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) und die Auridis Stiftung gefördert. Weitere Informationen finden Sie bei uns im Internet.
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Bild: © Fotos: HAGE/Landeskoordinierungsstelle Präventionsketten Hessen