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Gesundheitsförderung und Prävention in Darmstadt
Im HAGE-Interview: Judith Windmöller
Im Interview • Judith Windmöller, Wissenschaftsstadt Darmstadt
Frau Windmöller, warum ist die Wissenschaftsstadt Darmstadt Mitglied bei der HAGE geworden?
Wir sehen die HAGE als wichtige strukturelle und gesundheitspolitische Anlaufstelle in Hessen. Die Möglichkeit des regelmäßigen Austauschs mit relevanten Akteuren auf Landesebene und die Chance, an zentralen Prozessen aktiv mitzuwirken, waren die zentrale Motivation für den Beitritt zur HAGE. Wir möchten als Wissenschaftsstadt Darmstadt aktiv und sichtbar werden und in puncto kommunale Gesundheitsförderung mit gutem Beispiel vorangehen.
Sie sind seit 2021 Koordinatorin „Gesunde Stadt“ im Büro für Sozialplanung der Stadt Darmstadt. Wie versteht sich die Koordinierungsstelle „Gesunde Stadt“?
Seit 2009 ist die Wissenschaftsstadt Darmstadt Mitglied im Gesunde-Städte-Netzwerk und engagiert sich dafür, eine „gesunde Stadt“ zu werden. In Vorbereitung dessen wurde bereits 2007 ein gesundheitspolitisches Leitbild mit verschiedensten Akteuren erarbeitet und durch die Stadtverordnetenversammlung verabschiedet – somit wurden die kommunalen Grundsätze des Handlungsfeldes politisch verankert. Als Koordinatorin „Gesunde Stadt“ ist es meine Aufgabe, die kommunalen Strukturen zur Gesundheitsförderung und Prävention weiterzuentwickeln und damit mittelbar auch die Gesundheit der Bürger*innen zu fördern. Die Umsetzung geschieht mit besonderem Fokus auf die Sozialraumorientierung.
Was bedeutet für Sie Gesundheitsförderung?
Für mich persönlich bedeutet Gesundheitsförderung, die Gesundheit eines Menschen ganzheitlich zu betrachten. Das heißt insbesondere die Kompetenzen der Menschen zu erkennen und diese zu stärken im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“. Es gilt, die Darmstädter*innen zu ermutigen, Selbstfürsorge zu betreiben und ein Gesundheitsverständnis zu entwickeln, welches sie (dann hoffentlich) ein Leben lang verinnerlichen und auch weitergeben. Denn die eigene Gesundheit im Blick zu behalten, ist aus meiner Sicht ein wichtiger Aspekt, der heutzutage allzu gern aus dem Blickfeld der Menschen gerät.
Darüber hinaus sehe ich natürlich auch diejenigen Menschen, die aufgrund individueller Lebenslagen einer verstärkten gesundheitlichen und sozialen Ungleichheit ausgesetzt sind. Es gehört daher auch zu meinen Aufgaben zu analysieren, wie die Rahmenbedingungen im Sinne der gesundheitlichen Chancengleichheit (weiter)entwickelt werden können. Veränderte Rahmenbedingungen und Angebote in den Quartieren sollen dazu beitragen, die Menschen zu sensibilisieren − selbstverständlich nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mittels einer engen und vertrauensvollen Arbeit mit den Akteuren vor Ort.
Zudem arbeite ich auf konzeptioneller Ebene zu Themen der kommunalen Gesundheitsförderung, kooperiere hierbei auch regelmäßig mit angrenzenden Arbeitsfeldern, beispielsweise der Altenhilfe- und Sozialplanung, Inklusion und der Koordination der Gemeinwesenarbeit, die ebenfalls im Büro für Sozialplanung verortet sind. Alles in allem sehe ich Gesundheit als ein wichtiges Querschnittsthema an.
Welche neueren Projekte hat die Koordinierungsstelle „Gesunde Stadt“ erfolgreich ins Leben gerufen?
Ein vielversprechendes Projekt ist zum Beispiel Bewegungsförderung im Quartier – Einführung von Bewegungstonnen seit dem vergangenen Jahr. Die Bewegungstonnen enthalten eine bunte Mischung an „Bewegungs-Equipment“ und sind an zentralen Orten der Begegnung angedockt, insbesondere in Quartieren mit einer geringeren Angebotsstruktur. Erfolgreich ist auch das Präventionsprojekt Familien in Balance, das wir zusammen mit der Netzwerkkoordinatorin Frühe Hilfen als ein Kooperationsprojekt mit der BKK Linde konzipiert haben. Es beinhaltet verschiedenste Angebote zur Gesundheitsbildung. Kernziel ist es, Familien für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren und sie krisenfest zu machen, körperlich wie auch mental. Das Projekt haben wir 2022 ins Leben gerufen, und ich freue mich sehr, dass eine Fortsetzung vorgesehen ist.
Worauf liegt im Bereich der Gesundheitsförderung aktuell ein besonderer Fokus?
Die mittel- bis langfristige Zielsetzung ist die strukturelle und konzeptionelle Weiterentwicklung des Gesundheitsgedankens in Darmstadt. Wir befinden uns gerade im Prozess des Beitritts in den kommunalen Partnerprozess „Gesundheit für alle“. Langfristig möchte die Wissenschaftsstadt Darmstadt erreichen, dass die Gesunderhaltung ihrer Bürger*innen eine Selbstverständlichkeit ist, sowohl politisch als auch gesellschaftlich.
Dazu können wir als HAGE ein Stück weit mit beitragen … Was versprechen Sie sich zuallererst von Ihrer Mitgliedschaft in der HAGE?
Für die Zukunft wünschen wir uns eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der HAGE, gewinnbringende Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten sowie die Möglichkeit, uns als (wichtiger) Akteur in Sachen Gesundheitsförderung und Prävention in der hessenweiten Netzwerklandschaft zu etablieren.
Das Interview führten Mara Springer und Claudia Mauelshagen, HAGE.
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