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Fachtagung „Leben und Sterben“: Einsamkeit am Lebensende

Bericht zur Veranstaltung vom 11.09.2024

Blume auf schwarzem Hintergrund
15. Oktober 2024
Die diesjährige Fachtagung „Leben und Sterben“ befasste sich mit dem Thema „Einsamkeit am Lebensende“ und stieß auf großes Interesse. Sie zielte darauf ab, Einsamkeit besser verstehen zu lernen und Antworten auf die Frage, wie man Einsamkeit begegnen kann, zu finden.

 An der 25. Fachtagung „Leben und Sterben" nahmen 105 Personen aus ganz verschiedenen Arbeitsfeldern, haupt- und ehrenamtlich Engagierte teil. Die Veranstaltung fand am 11.09.2024 im Kultur- und Vereinszentrum MAINFELD im Stadtteil Niederrad statt.

Zielsetzung und Inhalte

Einsamkeit kann viele Ursachen haben und in unterschiedlichen Lebensphasen auftreten. Menschen jeden Alters können sich einsam fühlen, was sich oft negativ auf die Gesundheit und das soziale Miteinander auswirkt. Besonders nach der Coronapandemie ist das Thema Einsamkeit verstärkt in den Fokus gerückt. Gleichzeitig gibt es auch Menschen, die bewusst das Alleinsein suchen, was nicht mit Einsamkeit verwechselt werden sollte.

Was genau bedeutet Einsamkeit, besonders im Kontext der Hospiz- und Palliativarbeit? Wer ist stärker davon betroffen und was begünstigt dieses Gefühl? Wie können wir Einsamkeit erkennen und vorbeugen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Fachtagung.

Am Vormittag ging es um das Verständnis von Einsamkeit, während der Nachmittag der Frage gewidmet war, wie man Einsamkeit aktiv begegnen kann.

Fachvortrag: Einsamkeit verstehen

Prof. Susanne Bücker, Professorin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Universität Witten/Herdecke gab in ihrem Vortrag einen breiten Überblick über den Begriff „Einsamkeit“, die Wahrnehmung von Einsamkeitsgefühlen sowie verstärkende und mildernde Faktoren, die das Einsamkeitsgefühl bei einem Menschen beeinflussen können. Frau Prof. Bücker forscht insbesondere zur Einsamkeitsentwicklung von der Kindheit bis ins hohe Lebensalter, zu den Einflussfaktoren auf und Konsequenzen von Einsamkeit. Diese Aspekte verdeutlichte sie in ihrem Vortrag.

Was aber kann getan werden? Das Umfeld eines einsamen Menschen kann etwas tun, indem versucht wird, Beziehungen mit einer „liebevollen Hartnäckigkeit“ aufzubauen. Angebote sollten wiederholt und die Menschen sollten direkt aufgesucht werden. Einsame Menschen suchen in der Regel selbst keine Angebote von sich aus auf. Dies stellt eine zu große Hürde dar. 

Bei der Begleitung kranker, sterbender Menschen und deren Angehörigen sollte auf Anzeichen von Einsamkeit geachtet werden. Dabei ist es wichtig:

  • bereit zu sein, das Gegenüber verstehen zu wollen
  • Einsamkeit anzusprechen und besprechbar zu machen, da eine von einem Menschen empfundene Einsamkeit sich verstärken kann, wenn keine sozialen Kontakte stattfinden (negative Gefühle bauen sich weiter auf)
  • ein „Alleinsein wollen“ zu respektieren
  • Fragen zu stellen, zuzuhören, Möglichkeiten aus der Einsamkeit aufzuzeigen
Workshops am Nachmittag: Einsamkeit begegnen

 „Wenn ich Einsamkeit wahrnehme, dann …“

In diesem Workshop wurden mit Dr. Angela Rascher, Diakonie Hessen, mögliche Strategien gegen Einsamkeit erarbeitet.

Umgang mit Todeswünschen

Der Workshop mit Dr. Oliver Dodt, Würdezentrum Frankfurt, widmete sich der Suizidprävention. Suizidprävention ist eine aktuelles Thema, was auch durch das große Interesse am Workshop widergespiegelt wurde. Einsamkeit und Suizid hängen zusammen, was bereits im Vortrag am Vormittag deutlich aufgezeigt wurde. 

Erfahrungen aus der Gesundheitsförderung

Mit der Frage nach dem Nutzen von Netzwerken gegen Einsamkeit beschäftigte sich dieser Workshop. Er wurde von Carolin Becklas, HAGE/ Arbeitsbereich Gesund altern geleitet.

Die Einsamkeit der Angehörigen – die Rolle des Friedhofes

Gabriele Schreiber, Leiterin des Neuen Friedhofs Offenbach, berichtete über die Möglichkeiten, die dieser Ort bietet, Einsamkeit zu begegnen. Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort der Bestattung Verstorbener, sondern erfüllt wichtige kulturelle, soziale und ökologische Funktionen. Für Angehörige spielt er eine zentrale Rolle im Trauerprozess.

Fazit

Es ist nicht leicht, Einsamkeit zu erkennen. Und es ist unmöglich, jeden betroffenen Menschen aufzusuchen. Dennoch gibt es Möglichkeiten, Einsamkeit zu begegnen. In der Gesellschaft kann sie zum Thema gemacht werden, indem Raum für Austausch geschaffen oder Informationsmaterial bereitgestellt wird. Im Arbeitsalltag kann im Team über Einsamkeit gesprochen werden, aber auch mit weiteren Menschen, die die Person begleiten, betreuen, versorgen oder pflegen sowie mit Angehörigen und Bekannten. Die Kommunen können Akteur*innen zusammenbringen, um gemeinsam Angebote zu entwickeln.

Die Umsetzung dieser Ziele der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit kann auch für uns haupt- und ehrenamtlich Engagierte in Hessen ein Leitfaden sein. Einsamkeit zu begegnen, sie zu erkennen und zu verstehen, kann nicht nur die Aufgabe Einzelner sein. Vielmehr bedarf es dafür eines Netzwerkes ganz unterschiedlicher Akteur*innen. Nur so kann es gelingen, Einsamkeitserfahrungen wirksam zu reduzieren, Menschen ein gutes Leben bis zuletzt ermöglichen und langfristig Strategien gegen Einsamkeit zu entwickeln und umzusetzen.

Bericht zum Download

Ein ausführlicher Bericht zur Veranstaltung kann hier heruntergeladen werden:

Organisation

Die Themen der jährlichen Fachtagungen  „Leben und Sterben“ werden durch die Mitglieder der AG  „Verbesserung der Sterbebegleitung“ festgelegt.

Die HAGE, Arbeitsbereich KASA – Koordinations- und Ansprechstelle für Dienste der Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung in Hessen, verantwortet die Organisation und Durchführung der Fachtagung. KASA ist ein niederschwelliges Beratungsangebot des Landes Hessen zu allen Fragen der Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung, zur Hospiz- und Palliativarbeit für Menschen, die sich aus beruflichem oder privatem Interesse mit den Themen Sterben, Tod, Trauer, Abschiednehmen in jedem Lebensalter beschäftigen.

Bild: © Berkan Küçügkül via Canva.com