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„Damit ein gesundes Leben leichter wird“

Gesundheitskoordinator*innen der Region Kassel berichten über ihre Arbeit

23. Oktober 2025
Kommunale Gesundheitskoordinator*innen haben vielfältige Aufgaben. Strukturelle Rahmenbedingungen sollen gesundheitsförderlich gestaltet und die Gesundheitsressourcen der Menschen vor Ort gestärkt werden. Wie sieht dies in der Praxis aus? Darüber sprachen wir mit zwei Gesundheitskoordinator*innen der Region Kassel.
im Interview

Im Interview • Dr. Martina Metz und Ruben Raul Könen

Mit verschiedenen Angeboten begleitet die HAGE die Arbeit von Gesundheitskoordinierenden in Hessen. Wir haben zwei von ihnen gefragt: Wie verstehen sie ihre Arbeit? Wie sieht Gesundheitskoordination in der Praxis vor Ort aus? Wo gibt es Erfolge, wo Herausforderungen, welche Wünsche bestehen? Dr. Martina Metz und Ruben Raul Könen sind Gesundheitskoordinator*innen der Region Kassel und haben Aufschlussreiches zu berichten.

Gesundheitskoordinatorin  Dr. Martina Metz (© Dr. Martina Metz)
Dr. Martina Metz (© Dr. Martina Metz)
Gesundheitskoordinator Ruben Raul Könen (© Ruben R. Könen)
Ruben Raul Könen (© Ruben R. Könen)

Dr. Martina Metz ist Leiterin der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung des Gesundheitsamts Region Kassel. Ruben Raul Könen ist hier Projektkoordinator.

Wie würden Sie jemandem die Arbeit einer Fachkraft für Gesundheitskoordination erklären, der noch nie etwas davon gehört hat? 

Martina Metz: Ich würde sagen, eine Gesundheitskoordinatorin bzw. ein Gesundheitskoordinator hat eine möglichst gute Übersicht über die Strukturen, Projekte und Angebote im Kontext Gesundheit, die es in einer Kommune gibt, und prüft, wo es Bedarfe und Lücken gibt. Und im besten Fall werden diese Lücken dann geschlossen.

Ruben Raul Könen: Ich begreife mich vor allem als „Bindeglied“ zwischen Verwaltungsstrukturen und der Stadtbevölkerung. Wenn Menschen irgendetwas im Stadtteil feststellen, haben Sie oft keine Kenntnis, welche Stelle der Verwaltung zuständig ist. Durch die Netzwerkarbeit im Stadtteil können sich die Menschen direkt an mich wenden, und ich leite ihr Anliegen an die richtige Stelle weiter.

Was hat Sie motiviert, Gesundheitskoordinator*in zu werden?

Metz: Als ich die Stellenausschreibung des Gesundheitsamts Region Kassel gelesen habe, dachte ich: Das ist die perfekte Stelle. Was mich besonders motiviert, ist, die Lebenswelt gesundheitsförderlich zu gestalten, damit ein gesundes Leben leichter wird. Ich bin sicher, dass Wissensvermittlung eine wichtige Basis ist, viel wichtiger sind mir aber gesundheitsförderliche Strukturen in der Kommune. Außerdem kann man als Gesundheitskoordinatorin Wissenschaft und Praxis sehr gut verbinden.

Könen: Mir liegt die Stadt Kassel als meine Heimatstadt besonders am Herzen. Ich habe bereits während meiner Studienzeit länger als Praktikant im Gesundheitsamt Region Kassel gearbeitet und festgestellt, wie vielfältig die Arbeit auf Quartiersebene ist. Ich freue mich sehr, dass wir hier dabei sind, Gesundheitsförderung mit einem breiten Verständnis von Gesundheit in die Quartiere zu bringen und dafür sorgen, dass die Menschen die Möglichkeit haben, sich mit der Gestaltung ihrer Lebenswelt befassen können.

Was mich besonders motiviert, ist, die Lebenswelt gesundheitsförderlich
zu gestalten, damit ein gesundes Leben leichter wird.
(Dr. Martina Metz)

Wie sind Sie vernetzt? Und mit wem arbeiten Sie regelmäßig zusammen?

Metz: Die Stadt Kassel ist seit 1990 Mitglied im Gesunde Städte-Netzwerk. Dementsprechend leben wir ein vernetztes und kooperatives Arbeiten bei Gesundheitsthemen. Wir sind sowohl in verschiedenen Stadtteilen und Quartieren als auch auf Verwaltungsebene sehr gut vernetzt.

Könen: Auf institutioneller Ebene sind wir Teil des Kooperationsverbunds Gesundheitliche Chancengleichheit. In diesem Rahmen führen wir häufig Fachgespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kommunen. Dieser, oft auf spezielle Projekte oder Herausforderungen bezogene Austausch, ist sehr fruchtbar. In der täglichen Arbeit sind wir in den Quartieren mit vielen städtischen und freien Trägern vernetzt, die in den Lebenswelten tätig sind. Zudem legen wir Wert darauf, die Meinung von Bewohnerinnen und Bewohnern in Partizipationsformaten zu erfahren und diese dabei zu unterstützen, sich in ihren Quartieren zu engagieren.

Was sind in Ihrer täglichen Arbeit die zurzeit wichtigsten Themen?

Metz: Es gibt so viele wichtige Themen. Auf jeden Fall gehören dazu Sport und Bewegung, mentale Gesundheit, Hitze und Frauengesundheit. Als Abteilungsleiterin habe ich aber auch viele administrative Aufgaben.

Könen: Die Themen sind so unterschiedlich und vielfältig wie die Menschen selbst. Eine große Herausforderung ist es für uns, all die Themen und Probleme ernst zu nehmen, die an uns herangetragen werden – und dann gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu priorisieren, welche Dinge wir dringend angehen müssen und können und welche wir für den Moment zurückstellen.

Wir haben in vielen Teilen der Verwaltung ein neues Verständnis für Prävention, Gesundheitsförderung und Public Health geweckt. 
(Ruben Raul Könen)

Auf welche Veränderungen oder Verbesserungen, die Sie angestoßen haben, sind Sie besonders stolz?

Metz: Besonders stolz bin ich auf die erste „Präventionskonferenz Region Kassel“, die wir gemeinsam mit Kolleginnen des Landkreises Kassel ins Leben gerufen haben und die jährlich stattfinden wird. Darauf aufbauend erarbeiten wir zusammen mit den Präventionskettenprojekten der Stadt und des Landkreises Kassel eine Kommunale Gesundheitsstrategie Region Kassel. Ich freue mich sehr auf das Ergebnis.

Könen: Dazu gehört ganz sicher die starke Vernetzung. Das gilt für die Quartiersebene, aber besonders auch für die nach außen hin eher unsichtbaren Bereiche innerhalb der Stadtverwaltung. Wir haben in vielen Teilen der Verwaltung ein neues Verständnis für Prävention, Gesundheitsförderung und Public Health geweckt und werden in Planungsprozesse eingebunden.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für Ihre Arbeit?

Metz: Die größte Herausforderung sehe ich darin, eine gute Balance zu finden zwischen sehr knappen Personalressourcen und dem unendlichen Bedarf für mehr Prävention und Gesundheitsförderung in den Kommunen. Das Gesundheitssystem ist teuer und überlastet. Es wäre dringend notwendig, mehr Ressourcen in die Förderung von Gesundheitskompetenz und Gesundheitshandeln zu stecken.

Könen: Es wäre schade, wenn die geschaffenen Strukturen und Netzwerke sowie die Kontakte in den Quartieren abbrechen, weil wir sie aufgrund wegbrechender Personalressourcen nicht pflegen können.

Was wünschen Sie sich von Politik und Verwaltung für die Zukunft Ihrer Arbeit?

Metz: Ich wünsche mir einen langfristigeren Blick auf Prävention und Gesundheitsförderung. Die Investitionen, die wir heute in diesen Bereich stecken, können – wenn sie gut gemacht sind – langfristig enorme Mittel sparen.

Könen: Ich würde mir eine Überarbeitung des Leitfadens Prävention wünschen. Oft müssen Projekte eingestellt werden, obwohl sie gut funktionieren, weil sie nur einmal gefördert werden können und nicht über längere Zeiträume.

Interview: Christina Vey; Redaktion: Dr. Claudia Mauelshagen, Mara Springer