nachricht

6. Qualifizierungsmodul des Landesprogramms „Präventionsketten Hessen“

Bericht zur Veranstaltung vom 04./05.03.2025

3. April 2025
Die Veranstaltung für Koordinationsfachkräfte im Landesprogramm widmete sich den Themen Lobbyarbeit und (politische) Themenanwaltschaft mit Vorträgen, Gruppenarbeit und Diskussionsrunden.
Menschen die Zahnräder aneinander halten


„Präventionsketten schmackhaft machen – gemeinsam anstecken und begeistern!“

Während der zwei Qualifizierungstage entwickelten die Koordinationsfachkräfte das Motto: Wir machen Präventionsketten lecker und „infizieren“ (begeistern) andere dafür. Der Hintergrund ist, dass in diesem Jahr ein besonderer Fokus darauf liegt, allen Beteiligten vor Ort die Bedeutung der Präventionsketten verständlich und attraktiv zu vermitteln. Gleichzeitig sollen neue Kooperationspartner*innen und zukünftige Mitstreiter*innen dazu ermutigt werden, sich in der Präventionskettenarbeit zu engagieren.

2025, im letzten Jahr der Förderung der am Landesprogramm „Präventionsketten Hessen“ beteiligten Kommunen, liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Verstetigung und Nachhaltigkeit der kommunalen Strukturen. Im Fokus steht die langfristige Sicherung der im Rahmen der Präventionsketten entstandenen Stellenanteile und Maßnahmen.

Die zweitägige Veranstaltung beinhaltete daher Vorträge, Gruppenarbeit und Diskussionsrunden zu den Themen Lobbyarbeit und (politische) Themenanwaltschaft. Sie fand am 4. und 5. März 2025 im basecamp der Joblinge in Frankfurt am Main statt.

04.03.2025: Grundlagen der Lobbyarbeit und Themenanwaltschaft

Die Qualifizierung begann mit einem Vortrag von Dr. Katharina Böhm (HAGE) zum Thema „Anwaltschaft – Vertretung und Durchsetzung (gesundheitlicher) Interessen“. Dr. Böhm stellte den Unterschied zwischen Lobbying und Themenanwaltschaft heraus und erläuterte strategische Ansätze für effektive Interessenvertretung, u. a. durch Netzwerke, gezielte Kommunikation und strukturierte Vorbereitung. In der anschließenden Diskussion reflektierten die Teilnehmenden praktikable Methoden wie öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, bilaterale Gespräche und One Pager. Herausforderungen sahen sie in der Ansprache von Politiker*innen sowie in der Organisation parlamentarischer Formate, insbesondere aufgrund von Unsicherheiten in bezug auf Zuständigkeiten und fehlenden Ressourcen.

Die Teilnehmenden führten eine Ist-Analyse ihrer bisherigen Lobbying-Erfahrungen durch, die als Grundlage für den zweiten Tag diente. Besonders bereichernd war die digitale Zuschaltung, in denen über Praxisbeispiele aus Niedersachsen berichtet wurde: Vertreter*innen der Präventionskettenarbeit in Peine und Wilhelmshaven präsentierten erfolgreiche Strategien zur Verstetigung, darunter die Bedeutung klarer Zuständigkeiten, regelmäßige politische Einbindung, gute Öffentlichkeitsarbeit und niedrigschwellige, greifbare Angebote wie das „Willkommensbuch Schule“. Diese Praxisimpulse regten Diskussionen darüber an, wie ähnliche Ansätze in Hessen umgesetzt werden könnten.

Ein weiterer Programmpunkt war die Fishbowl-Diskussion mit Vertreterinnen des Hessischen Ministeriums für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Es ging darum, wie Themen auf der politischen Agenda platziert werden können. Diskutiert wurde u. a., wie wichtig sichtbare Ergebnisse und konkretes Storytelling sind, um politische Entscheidungsträger*innen zu überzeugen. Auch die Fähigkeit, Komplexität situativ zu reduzieren oder gezielt hervorzuheben, wurde als entscheidend für erfolgreiche Kommunikation bewertet.

Zentrale Ergebnisse:

  • Politische Überzeugungsarbeit braucht strategische Vorbereitung, klare Botschaften und sichtbare Ergebnisse.
  • One Pager, bilaterale Gespräche und Storytelling gelten als wirksame Kommunikationsmittel.
  • Kinderrechte und niedrigschwellige Materialien eignen sich als Türöffner für strukturelle Veränderungen und politische Sensibilisierung.
  • Gute Praxisbeispiele aus anderen Bundesländern liefern wertvolle Impulse für die eigene Arbeit.
  • Erfolgreiche Lobbyarbeit erfordert Zielgruppenorientierung, klare Zuständigkeiten, Kontinuität und Ressourcen.
  • Ein Austausch mit der Landesebene stärkt das Verständnis für politische Prozesse und Anforderungen.

Der erste Tag endete mit einer Führung durch das Frankfurter Ostend und einem gemeinsamen Abendessen mit viel Austausch und Networking.

05.03.2025: Praktische Anwendung von Lobbyarbeit und Themenanwaltschaft

Am zweiten Tag gestaltete Nicolas Haustedt, politischer Referent bei der Stiftung „SeeYou – Familienorientierte Nachsorge Hamburg“, einen interaktiven Workshop. Die Teilnehmenden wurden zunächst zu ihren bisherigen Erfahrungen in der Lobbyarbeit und politischen Themenanwaltschaft befragt: Die Bandbreite an Erfahrungen reichte von der Vorstellung der Präventionsketten in Jugendhilfeausschüssen, der Zusammenarbeit mit Bürgermeister*innen, Anfragen von Kreisausschüssen zu bestimmten Themen bis hin zu politischen Gesprächen im Rahmen privater Vereinsarbeit.

Der weitere Workshop gliederte sich in drei Teile:

  1. Politische Argumente entwickeln: Mit Hilfe des „Golden Circle“-Modells nach Simon Sinek entwickelten die Teilnehmenden Argumente für ihre Arbeit. Sie lernten, wie Argumente faktenbasiert, risikoorientiert oder durch persönliche Geschichten vermittelt werden können.
  2. Politik kontaktieren: Es wurden Strategien für die zielgerichtete Kontaktaufnahme erarbeitet. Wichtig hierbei: individuelle, kurze und konkrete Anfragen, die direkt auf politische Bedarfe eingehen. Nicolas Haustedt gab den Teilnehmenden den Tipp: Je individueller ein Anschreiben ist, desto wahrscheinlicher ist eine Reaktion. Die individuelle Note sollte gleich zu Beginn eingebaut werden – das kann z. B. ein Hinweis auf eine Rede oder der Glückwunsch zur Wiederwahl sein. Anfragen an die Politik werden in den meisten Fällen kurz überflogen, und die Entscheidung, ob geantwortet wird, fällt innerhalb von Sekunden.
  3. Gespräche führen und Netzwerke pflegen: In zwei Rollenspielen übten die Teilnehmenden Gespräche mit politischen Akteur*innen.
    • Erstes Rollenspiel: Eine Koordinationsfachkraft der Präventionsketten im Gespräch mit einem staatlichen Schulamt. Thema war, dass kostenlose Getränke an Schulen angeboten werden sollen (Bedarf der Schüler).
    • Zweites Rollenspiel: Koordinationsfachkraft der Präventionsketten im Gespräch mit einer Landrätin. Thema war, dass Gelder für die Entwicklung eines Buches für den Übergang von der Kita in die Schule benötigt wurden.
    • Beide Rollenspiele haben gezeigt, wie wichtig es ist, konkret und einfach darzustellen, worum es geht, was man sich von der zu „beeinflussenden“ Person wünscht und bestenfalls direkt Lösungsideen für die „Herausforderung“ mitzubringen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, im Gesprächsende verbindliche Vereinbarungen zu treffen.
Ergebnisse und Reflexion

Die Qualifizierung ermöglichte den Teilnehmenden vor allem, konkrete Strategien für ihre Lobby- und Advocacyarbeit vor Ort zu entwickeln. Mit der abschließenden Methode „Note to myself“ erarbeiteten die Teilnehmenden individuelle Ziele und Herausforderungen sowie nächste Schritte für das weitere Vorgehen.

Mit vielen neuen Impulsen für die Verstetigung von Präventionsketten, der Erkenntnis, dass es immer Handlungsspielräume gibt, die nur genutzt werden müssen, dem Mut, Neues auszuprobieren und sich Sparringspartner zum Ausprobieren sowie zur Reflexion für die Verstetigung von Präventionsketten zu suchen, endete die zweitägige Qualifizierungsveranstaltung.

Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden für zwei produktive Veranstaltungstage und laden Sie dazu ein, uns Ihre Themenwünsche und Bedarfe für weitere Vertiefungen per Mail mitzuteilen: praeventionsketten@hage.de.

Bildergalerie

Begrüßung am ersten Tag der Qualifizierung
Digitale Zuschaltung Praxisbeispiel
Fishbowl-Methode mit den Förderpartnerinnen Frau Sabine Stahl (HMFG) und Frau Annika Funke (HMFG)
Eindruck der Stadtführung im Frankfurter Ostend
Gruppenfoto der Koordinationsfachkräfte der Präventionsketten Hessen
Murmelgruppen am Nachmittag
Stuhlkreis während des zweiten Tages
Rollenspiel am Nachmittag. In der Mitte v.l. Hubert Welsch (Stadt Frankfurt) und Karin Bahl (Stadt Offenbach)
Zweites Rollenspiel am Nachmittag. In der Mitte v.l. Ariane Fissmann (Stadt Eschwege) und Regine Walther-Zeidler (Rheingau-Taunus-Kreis)

Organisation

Die Veranstaltung wurde von der Landeskoordinierungsstelle Präventionsketten Hessen organisiert. Sie ist bei der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e. V. (HAGE) mit Sitz in Frankfurt am Main angesiedelt.

Das Landesprogramm „Präventionsketten Hessen – Gelingendes Aufwachsen, Kinderrechte leben“ wird durch das Hessische Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG) und die Auridis Stiftung gefördert. Weitere Informationen zum Landesprogramm finden Sie unter https://praeventionsketten-hessen.de/home.

Fotos: © HAGE

Titelbild: © alphaspirit - stock.adobe.com