Kurzberichte der Dialogreihe „Gesundheitliche Chancengleichheit – Im Gespräch mit Wissenschaft und Praxis”

Auf einer Mauer steht das Wort "Chancengleichheit".

Regelmäßig stattfindende Dialogreihe 

Mit der Dialogreihe “Gesundheitliche Chancengleichheit – Im Gespräch mit Wissenschaft und Praxis” möchten wir, das Projekt teamw()rk für Gesundheit und Arbeit sowie die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC) Hessen, auf verschiedene Herausforderungen der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung aufmerksam machen.

Die Dialogreihe beschäftigt sich mit unterschiedlichen Themen und Aspekten der gesundheitlichen Ungleichheit sowie verschiedenen vulnerablen Zielgruppen, die von sozialer Benachteiligung betroffen sind. Im Besonderen diskutieren wir Herausforderungen sowie Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Der thematische Fokus der Dialogreihe lag 2021 auf der Pandemieentwicklung, da diese einen großen Einfluss auf die Arbeit der hessischen Akteur*innen und kommunalen Fachkräfte hatte. In 2022 beschäftigte sich die Dialogreihe mit dem Thema Migration und Gesundheit. Im Jahr 2023 wurden die Themen “Armutsgefährdung alleinerziehend” und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche in Deutschland in den Blick genommen.

Vergangene Termine der Dialogreihe & Kurzberichte

07.11.2023 - Kurzbericht zur 6. Dialogreihe „Nach der Pandemie - Vor der Krise? Was es jetzt in der Praxis für Kinder und Jugendliche braucht"

Die Dialogreihe Gesundheitliche Chancengleichheit schließt das Jahr 2023 mit dem Thema „Nach der Pandemie, vor der Krise? - Was es jetzt in der Praxis für Kinder und Jugendliche braucht“ ab.

Die Veranstaltung begann mit einem kurzen Ankommen und einer einführenden Murmelrunde, in der sich zu der Dringlichkeit des Themas ausgetauscht wurde.

Nachwirkungen der Pandemie

Dr. Franziska Reiß vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf bot mit Ihrem Vortrag „Nachwirkungen der Pandemie und der Maßnahmen in der Pandemie auf die psychische Gesundheit und die Lebensqualität der Kinder in Deutschland" einen Einblick in die bisherigen Ergebnisse der COPSY-Längsschnittstudie. Die Ergebnisse der Studie legen einen Handlungsbedarf mit gesamtgesellschaftlicher Relevanz nahe. Auf Nachfrage zum Einfluss des sozioökonomischen Status (SES) auf die Auswirkungen antwortete Frau Dr. Reiß, dass ein sozialer Gradient weiterhin deutlich vorhanden sei, sich jedoch die Abstände hinsichtlich des SES relativ betrachtet verringert haben. Auch kritische Stimmen der Teilnehmenden wurden kurz diskutiert: Zum einen ist eine Kausalität über die Studie nicht ohne weiteres zu belegen; allerdings bieten die Ergebnisse der BELLA-Studie, die herangezogen wurde, Hinweise darauf. Zudem ist die Teilnahme an der Studie für Menschen ohne deutsche Sprachkenntnisse oder mit besonderen sozialen Herausforderungen nur bedingt möglich, da eine Registrierung bei DIMAP mit Zugangshürden verbunden und somit nur bedingt möglich ist.

Nach diesem wissenschaftlichen Input schloss sich die Präsentation von Praxisprogrammen an.

Das Eltern-Programm „Schatzsuche"

Eva Zepter (Programmkoordinatorin, HAGE) stellte in ihrem Vortrag (PDF) das Eltern-Programm „Schatzsuche" vor. Das Programm richtet die Aufmerksamkeit der Erwachsenen auf die Stärken und Schutzfaktoren der Kinder und fördert deren seelisches Wohlbefinden. „Schatzsuche" wird im Setting Kita als „Basis“ für das Kita-Alter und als „Schule in Sicht“ für den Übergang zur Grundschule angeboten. Hierzu werden pädagogische Fachkräfte in Weiterbildungen zu Multiplikator*innen geschult, die im Anschluss in ihren Kindertagesstätten das Programm Schatzsuche für die Eltern anbieten. Durch dieses ressourcenorientierte Vorgehen kann über die Eltern die gesamte Familie erreicht und gestärkt werden. Bei „Schatzsuche" ist der Name Programm: Über eine Schatzkarte reisen die Eltern zu verschiedenen Inseln und tauschen sich je Insel zu einem bestimmten Thema aus. Das Programm arbeitet mit vielen bildlichen Materialien, wodurch Sprachbarrieren kein Hindernis darstellen. Die pädagogischen Fachkräfte sind dabei nur begleitend tätig, sodass die Eltern in einer Art Intervision gegenseitig von den Erfahrungen untereinander profitieren.

Das Präventionsprogramm „Verrückt? Na und!"

Felix Weber (Programmkoordinator, HAGE) präsentierte das Präventionsprogramm „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule" (PDF). Das Programm wird von der AOK Hessen gefördert und durch die HAGE hessenweit koordiniert. „Verrückt? Na und!" bringt das Thema psychische Gesundheit in die Schule und ermutigt Schüler*innen und Lehrer*innen, sich aktiv mit der Thematik zu befassen. Mit dem Programm sollen insbesondere auch psychische Erkrankungen entstigmatisiert werden. „Verrückt? Na und!“ wendet verschiedene Maßnahmen an, die darauf abzielen, das Hilfesuchverhalten junger Menschen zu verbessern, die Diskriminierung Betroffener zu reduzieren, das Selbstwertgefühl von jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie von jungen Menschen psychisch kranker Eltern und Young Carers zu stärken. Herzstück des Programms ist der Peer-to-Peer-Ansatz.

Braucht es mehr auf tatsächliche Bedarfe ausgerichtete Angebote?

Die Dialogreihe schloss mit einer Diskussion zur Frage „Müssen wir wirklich gießkannenartig immer mehr Projekte, Angebote, Interventionen ausschütten oder braucht es auf die tatsächlichen Bedarfe ausgerichtete Angebote?“.

Frau Dr. Reiß wies daraufhin, dass die Copsy-Studie Bedarfe für mehr Angebote aufzeigt. Weiterhin sei es jedoch wichtig, dass die Projekte in die Breite getragen werden und allen Kindern und Jugendlichen eine Teilnahme ermöglicht werde.

Eva Zepter vertrat die Position, dass es bereits gute Projekte und Angebote zur Deckung des Bedarfs gebe. Kitas würden diese gerne (noch öfter) anbieten, jedoch erschwerten oder verhinderten die aktuellen Rahmenbedingungen die Umsetzung. Die Rahmen- bzw. Arbeitsbedingungen in den Kindertagesstätten sind geprägt von einem hohen Krankenstand der pädagogischen Fachkräfte, einer hohen Fluktuation pädagogischer Fachkräften zwischen den Einrichtungen sowie wenig Nachwuchsfachkräften.

Felix Weber gab zu bedenken, dass durch „Schnellschüsse“ nach Corona viele Ressourcen gebunden würden, auf die eigentlich nicht verzichtet werden könne. 

Einigkeit bestand darin, dass großer Handlungsbedarf vorhanden ist. Kritisiert wurde, dass innerhalb von Projekten mit kurzen Laufzeiten Fachkräfte qualifiziert werden, die dann wenig langfristigen Mehrwert bringen. Ein vernetztes Denken - z. B. durch das Aufbauen auf vorhandenen Strukturen oder durch das Andocken an diese - sei wichtig, um aktuelle Herausforderungen zu meistern. Auch um Herausforderungen durch den Fachkräftemangel in Kitas begegnen zu können, brauche es eine bessere Vernetzung.

Des weiteren wiesen Teilnehmende darauf hin, dass insbesondere Zielgruppen mit einem intensiven Unterstützungsbedarf (bspw. Kinder mit Integrationsbedarf) aufgrund des bestehenden Ressourcenmangels „hinten runterfallen".  Ebenfalls wurde betont, dass die Diskussion über „Aufatmen nach der Pandemie? Bedarfe von Kindern und Jugendlichen nach der Pandemie“ kommunalpolitisch weitergeführt werden muss. Als Beispiel wurde das Vorgehen der Stadt Pfungstadt genannt: Dort gibt es eine Expertenrunde, die unter Beteiligung von Politik, Verwaltung, Fachkräften, Betroffenen etc. Positionspapiere verfasst und ein gemeinsames Vorgehen beschließt.

Abschließend wurde deutlich: Visionäre Diskussionen sind wichtig zur Bewältigung aktueller Herausforderungen.

Bei inhaltlichen Rückfragen zu den Vorträgen wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de

  • 07.12.2022 – Kurzbericht zum 4. Termin "Migration und Gesundheit"

    Der zweite Termin der Dialogreihe im Jahr 2022 legte den Fokus aus das Thema “Kultursensible Gesundheitsförderung mit geflüchteten Menschen”.

    Im ersten Teil der Veranstaltung gab Frau Prof. Lotte Kaba-Schönstein im Rahmen eines Impulsvortrages (pdf) einen Einblick in die soziokulturell sensible Gesundheitsförderung und Prävention und nahm an dieser Stelle Bezug auf die Handreichung “Gesundheitsförderung mit Geflüchteten” des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit. Dabei ging sie u. a. auf die Lebenslagen und gesundheitlichen Ressourcen von geflüchteten Menschen ein. Zudem konnten die Teilnehmenden anhand von Beispielen erfahren, welche prioritären fünf Bereiche in der Gesundheitsförderung und Prävention “angepasst” werden sollten, um auf die Bedürfnisse von geflüchteten Menschen einzugehen. Dazu zählen die äußerliche und sprachliche Anpassung, die evidenzbezogene und einbeziehende Anpassung sowie die soziokulturelle Anpassung.

    Im Anschluss an den theoretischen Einstieg in die Thematik wurden im zweiten Teil der Veranstaltung verschiedene Projekte vorgestellt. Den Anfang machte mit zwei Projekten Igor Gavrić, Projektkoordinator des Landesprogrammes "WIR fördern Gesundheit” für die Region Nordhessen, angesiedelt im Amt für Chancengleichheit der Stadt Kassel. Das erste Projekt „Loqui – Hilfe zur Selbsthilfe“ ist ein sozialraumorientiertes Gesprächs- und Aktivitätsangebot von ukrainisch bzw. russisch sprechenden Menschen für Personen mit Gesprächs- und Aktivitätsbedarfen aufgrund einschneidender (traumatisierender) Erfahrungen im Kontext von Flucht und Vertreibung aus der Ukraine. Es wird in Kooperation mit dem Verein “Indimaj. Gesellschaft für Bildung & Soziales e.V.” realisiert. Das zweite Projekt „Gesundheitsförderung für Migrantinnen“ stellt ein niedrigschwelliges und offenes Angebot u. a. zur Vermittlung von Kenntnissen über Zuständigkeiten und Arbeitsweisen verschiedener Akteure des deutschen Gesundheitssystems für Frauen mit Migrationsgeschichte dar. Kooperationspartner dieses Projektes ist BENGI e.V. Beide Projekte sind aus Bedarfen der Zielgruppe heraus entstanden und im November 2022 angelaufen. Näheres zu den beiden Projekten und die Kontaktdaten von Igor Gavrić finden Sie hier (pdf).

    Zuletzt stellte Dr. Dirk Härdrich, Stadtrat in Salzgitter und Dezernent für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit und Integration, die kommunale Präventionskette für geflüchtete Menschen in Salzgitter vor. Sie bringt alle Akteure zusammen, um die Integration von geflüchteten Menschen niedrigschwellig zu ermöglichen. Den Teilnehmenden gab er dabei drei wichtige Tipps an die Hand: klein anfangen, eine feste Zuständigkeit für die Präventionskette in der Verwaltung vergeben und zuletzt am Ball bleiben. Hier (pdf) finden Sie die Inhalte der Präsentation und die Kontaktdaten von Dr. Dirk Härdrich bei weiteren Fragen.  

    Insgesamt nahmen über 40 kommunale Akteure*innen aus unterschiedlichen Regionen Hessens und bundesweit teil. Anwesend waren Vertreter*innen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales und Stadtentwicklung, Jobcenter, Kinder- und Jugendhilfe, Familienzentren, Mehrgenerationenhäuser und vielen anderen Institutionen. Durch die Vielfalt der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche, aus denen die Teilnehmenden kamen, fand im Rahmen der Dialogreihe ein spannender Austausch zu aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen in der täglichen Arbeit statt.


    Weitere Informationen und Materialien, die im Rahmen der Dialogreihe angesprochen wurden, finden Sie unter folgenden Links:

    Linkliste des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit zu Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention mit Geflüchteten aus der Ukraine
    Informationen und Modellregionen der Bewegungskoordinator*innen in den Modellregionen Hessens
    WIdOmonitor (1/2018) zur Gesundheit von Geflüchteten in Deutschland - Ergebnisse einer Befragung von Schutzsuchenden aus Syrien, Irak und Afghanistan


    Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für die Beteiligung und die Impulse aus ihrer Praxis! 

  • 03.03.2022 – Kurzbericht zum 3. Termin "Migration und Gesundheit"

    Der erste Termin der Dialogreihe im Jahr 2022 befasste sich mit dem Thema „Migration und Gesundheit“.

    In der Veranstaltung vermittelten Prof. Dr. Christiane Falge und Dr. Silke Betscher den Community Forscher*innen-Ansatz im Kontext von Migration und Gesundheit. In einem ersten Theorie-Teil erläuterten die Forscherinnen die Zusammenhänge von Migration, Rassismus und Gesundheit. Neben dem hier vermittelten Grundwissen wurde dargestellt, wie eine gelingende Partizipation der Bewohner*innen eines Stadtteils ermöglicht werden kann. Dazu ist die selbstkritische Reflexion der eigenen Haltung gegenüber den Stadtteilbewohner*innen eine Voraussetzung, um Begegnung auf Augenhöhe zu ermöglichen.  

    Gleichzeitig wurde in der Veranstaltung aufgezeigt, wie schwer erreichbare Zielgruppen adressiert werden können, indem sie in die Bedarfserhebung zu gesundheitsrelevanten Themen einbezogen werden. Hierfür wurde in Bochum ein Stadtteillabor entwickelt, in dem Stadtteilbewohner*innen diverser Communities gemeinsam mit Akademiker*innen und Praktiker*innen forschen und Maßnahmen der Gesundheitsförderung entwickeln, mit dem Ziel bedarfsgerechte Interventionen in ihren Lebenswelten durchzuführen. Durch diesen Ansatz werden multidiverse Gruppen einbezogen und als Teil der Gesellschaft angesehen.
     

    Im Anschluss an den ersten theoretischen Teil, wurde im zweiten Teil der Dialogreihe der Austausch mit den Stadtteilforscher*innen ermöglicht. Die Erfahrungen der Stadtteilforscher*innen in ihren Lebenswelten spielten hier eine zentrale Rolle. Zudem wurde auf unterschiedliche lokale Erfahrungen und auf die Bedarfe der Teilnehmenden vor Ort eingegangen.

    Insgesamt nahmen 50 kommunale Akteure*innen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales und Stadtentwicklung, Jobcenter, Kinder- und Jugendhilfe, Familienzentren, Mehrgenerationenhäuser und vielen anderen Institutionen aus allen Regionen Hessens und bundesweit teil.

  • 03./04.11.2021 – Kurzbericht zur 2. Terminreihe "Brennglas Corona: Bruchstellen der Gesellschaft?!"

    Die zweite Terminreihe der Dialogreihe befasste sich mit dem Thema „Wohnungs-/Obdachlosigkeit“.

    03.11.2021 – Fachvortrag von Frau Hniopek | Forschungsprojekt von Herr Dr. Schindel

    Den Auftakt am ersten Tag machte Frau Hniopek des Caritasverbands für das Erzbistum Hamburg e.V., indem sie die Teilnehmenden in die Begrifflichkeiten und die Thematik „Wohnungs-/Obdachlosigkeit“ einführte. In ihrem Vortrag mit dem Titel Hilfe für wohnungslose Menschen und die Auswirkungen von Corona fasste Frau Hniopek die unterschiedlichen Auswirkungen der Pandemie auf obdachlose Menschen, auf das Hilfesystem und auf die Sozialarbeit zusammen. Dabei stellte sie fest, dass eine sichere Wohnsituation der größte Schutz für den Menschen ist, nicht nur in Krisenzeiten. In ihrem abschließenden Resümee betonte sie, dass niedrigschwellige Hilfs- und Unterstützungsangebote systemrelevant seien und sie sich eine krisenfeste Finanzierung der Sozialen Arbeit wünsche. Gleichzeitig gab Frau Hniopek einen interessanten Einblick in den Fachdienst Existenzsicherung des Caritasverbands Hamburg mit seinen vielfältigen Bereichen. 

    Im Anschluss an den Fachvortrag stellte Herr Dr. Schindel vom Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft an der Charité – Universitätsmedizin Berlin erste Ergebnisse einer retrospektiven Sekundärdatenanalyse des Forschungsprojekts GIG – Gesundheit Wohnungsloser in Berlin vor. Das Projekt wird durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e.V. von Januar 2020 bis Dezember 2022 gefördert. Die Datenbasis bilden die vorliegenden Anamnesebögen des Gesundheitszentrums für Obdachlose von 2006 bis 2020 der Jenny De la Torre Stiftung, welche Kooperationspartner des Projekts ist. Insgesamt beschäftigt sich das Projekt mit folgenden drei übergeordneten Forschungsfragen:
     

    • Wie lassen sich die Nutzer*innen des Gesundheitszentrums charakterisieren?
    • Wie kann die Versorgung vor Ort beschrieben werden?
    • Wie sind Zugang und Eignung der Datenquelle zu bewerten?

    Durch den Vortrag von Herrn Dr. Schindel erhielten die Teilnehmenden Informationen zu der sozialen und gesundheitlichen Lage der Patient*innen des Gesundheitszentrums für Obdachlose in Berlin, welches am zweiten Tag der Dialogreihe als ein Praxisbeispiel vorgestellt wurde.

    Nach den beiden Vorträgen hatten die Teilnehmenden Zeit, sich aktiv mit Fragen einzubringen.

    04.11.2021 – Vorstellung von drei Praxisbeispielen

    Von der Theorie zur Praxis – folgende Praxisbeispiele stellten sich an Tag zwei vor:
     

    Edith Heilos, Caritasverband Offenbach/Main e.V., begann mit einem Bericht über die Caritas Straßenambulanz Offenbach, welche gesundheitliche Betreuung für Menschen, die durch das Gesundheits- und Versorgungssystem fallen, anbietet. Dabei ging sie auch auf die Herausforderungen durch Corona ein. Weitere Informationen zur Caritas Straßenambulanz Offenbach finden Sie hier.

    Anschließend stellte Frau Dr. med. Jenny De la Torre Castro, Jenny De la Torre-Stiftung, das Gesundheitszentrum für Obdachlose in Berlin vor. Sie erzählte von der Gründung der Stiftung, ging auf die Angebote des Gesundheitszentrums ein, stellte anschließend die Auswirkungen der Corona-Pandemie dar und beendete ihren Vortrag mit Verbesserungsvorschlägen. Weitere Informationen zu dem Gesundheitszentrum finden Sie hier

    Zum Abschluss führte Mona Monsieur, fiftyfifty/Asphalt e.V., in das Housing-First-Konzept ein, welches Wohnungslosigkeit unmittelbar beendet und flexible wohnbegleitende Hilfen zum dauerhaften Wohnungserhalt anbietet. Anschließend stellte sie das Gemeinschaftsprojekt „Housing-First Fonds“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes NRW und Asphalt e.V./fiftyfifty vor, bei dem aus Fondsmitteln Finanzierungsgrundlagen zum Ankauf von Wohnungen geschaffen werden, um so Organisationen der Wohnungslosenhilfe aus ganz Nordrhein-Westfalen in die Lage zu versetzen, den in Deutschland noch wenig verbreiteten, aber sehr vielversprechenden Housing-First-Ansatz, selbst umzusetzen. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier. 

    Nach der Vorstellung der Praxisbeispiele hatten die Teilnehmenden der Dialogreihe die Möglichkeit, mit den drei Referentinnen ins Gespräch zu kommen und in einen fachlichen Austausch untereinander zu treten.
     

    Der Dialogreihe gelang es über die zwei Veranstaltungstage, die Teilnehmenden für das Thema „Wohnungs-/Obdachlosigkeit“ zu sensibilisieren sowie wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Thematik und die Auswirkungen von Corona mit Beispielen guter Praxis zu verknüpfen. So konnte der Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis gefördert und der interdisziplinäre Austausch gestärkt werden.

  • 19./20.05.2021 - Kurzbericht zur 1. Terminreihe "Brennglas Corona: Bruchstellen der Gesellschaft?!"

    Die erste Terminreihe der Dialogreihe befasste sich mit dem Schwerpunkt sozioökonomische Ungleichheit und COVID-19.

    19.05.2021 - Wissenschaftlicher Fachvortrag von Dr. phil. Morten Wahrendorf

    Den Auftakt am ersten Tag machte Herr Dr. phil. Morten Wahrendorf von der Universitätsklinik Düsseldorf, indem er die Teilnehmenden in die aktuelle Studienlage und Forschungsergebnisse zum Thema soziale Ungleichheit und COVID-19 einführte. In seinem Vortrag mit dem Titel „Sozioökonomische Ungleichheit in der Gesundheit während der COVID-19-Pandemie: Konzepte und empirische Befunde“ befasste sich Herr Dr. Wahrendorf mit folgenden zentralen Fragen: 

    • Sind sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen häufiger und schwerer von der COVID-19 Pandemie betroffen? (direkte oder primäre Folgen) 
    • Leiden sie stärker unter den negativen Begleiterscheinungen der Pandemie und der Infektionsschutzmaßnahmen? (indirekte oder sekundäre Folgen) 

    Der Vortrag bezog sich überwiegend auf internationale und wenige deutsche Studienergebnisse, die derzeit vorliegen. Herr Dr. Wahrendorf ging unter anderem auf die direkten (Mortalität, Infektionsrisiko, etc.) und indirekten Folgen (psychische Belastungen, medizinische Versorgung, wirtschaftliche Folgen, etc.) der COVID-19 Pandemie in Bezug auf sozioökonomische Ungleichheiten ein. Fazit seines Vortrages war, dass die aktuelle Datenlage zum Thema COVID-19 und sozioökonomische Ungleichheit noch sehr gering und unübersichtlich sei, jedoch erste Ergebnisse zeigten, dass vulnerable Personengruppen ein höheres Risiko haben, an direkten oder indirekten Folgen von Corona zu leiden. Um bessere Aussagen treffen zu können, seien jedoch Individualdaten nötig. 

    Nach dem Vortrag hatten die Teilnehmenden Zeit, sich aktiv mit Fragen einzubringen und sich in Breakoutrooms über Ihre eigenen Erfahrungen auszutauschen.

    Hier können Sie die Präsentation herunterladen:
    Fachvortrag Dr. phil. Morten Wahrendorf

    20.05.2021 - Vorstellung von drei Praxisbeispielen

    Am zweiten Tag der Terminreihe stellten sich drei Praxisbeispiele vor.

    Dirk Gansefort, Fachreferent für Kooperationsprojekte, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. in Kooperation mit der Landesvereinigung für Gesundheit Bremen e.V., begann mit der Projektvorstellung der „Bremer Projekte zu stadtteilbezogenen Unterstützungsangebote im Rahmen der Covid19-Pandemie“. Ausgangslage für das Projekt war die ungleiche Verteilung des Infektionsgeschehens in Bremer Stadtteilen. Ziel des Bremer Projektes ist die Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung und die passgenaue Aufklärung der Bürger*innen in Bremer Stadtteilen zu Hygiene- und Infektionsmaßnahmen, um dadurch die Corona-bedingten gesundheitlichen Auswirkungen abzumildern.

    Anschließend berichtete Ruth Pohl-Grund, Fachreferentin im Projekt des gesundheitsladen köln e.V., in Ihrem Praxisbeispiel über das Präventionsprojekt „gesund hoch3 – gesund im Veedel“. Ziel des Projekts ist die Förderung der gesundheitlichen Chancengleichheit in drei benachteiligten Stadtteilen des Kölner Stadtbezirks Mülheim. Dieses übergeordnete Ziel soll u.a. durch die nachhaltige Entwicklung und Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen in den Stadtteilen sowie der Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bewohner*innen erreicht werden. Initiator des Projektes ist der gesundheitsladen köln e.V., welcher eine zentrale Lage im Stadtbezirk hat und beratend im Sozialraum tätig ist. Das Projekt legt einen besonderen Fokus auf erwerbslose und arbeitssuchende sowie auf ältere Menschen.
     

    Abschließend stellte Ludger Trepper, Fachbereichsleiter Jugend und Soziales Stadt Lünen, die Projekte „Gesunde Bildung“ und „Zusammenleben 2030“ vor.
    Das Selbstverständnis des Projekts „Gesunde Bildung“ ist, dass gesundheitliche Benachteiligung häufig mit Bildungsbenachteiligungen einhergeht. Die Schaffung von gesundheitsförderlichen Strukturen und die Stärkung von individuellen Kompetenzen und Ressourcen stehen im Fokus des Projekts. Dies wird zum einen durch die Vernetzung und Kooperation mit verschiedenen Akteur*innen der Stadt Lünen erreicht und zum anderen mit mehreren gesundheitsförderlichen Maßnahmen, wie bspw. Ausbildung von Multiplikator*innen, Partizipation der Zielgruppen, Gesundheitsapps, etc. Im Mittelpunkt stehen Familien aus Südosteuropa, die sprachlich, kulturell und finanziell hohe Hürden für den Zugang zum Gesundheitssystem haben.
    „Zusammenleben 2030" ist ein Entwicklungsziel der Stadt Lünen, mit dem sich Sozialräume mittel- und langfristig heterogener entwickeln sollen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Alltagsbildung in heterogenen Quartieren deutlich besser funktioniert und für bessere Chancen, in Bezug auf soziale Kontakte und den ökonomischen Status, sorgt. Dadurch werden Wege bei der sozialen Infrastruktur kürzer, motorisierte Mobilität verringert und die gesundheitlichen Rahmenbedingungen verbessert. Das Quartier und die Nachbarschaftshilfe sollen durch dieses Entwicklungsziel dazu beitragen, die gesundheitliche Chancengleichheit in der Stadt Lünen zu verringern. Konkret wird nach einem definierten Schlüssel der Bedarf an öffentlich gefördertem Wohnraum ermittelt, der in Eigenheimsiedlungen höher und in Siedlungen mit Geschosswohnungsbau niedriger liegt.
     

    Nach der Vorstellung der Praxisbeispiele hatten die Teilnehmenden der Dialogreihe die Möglichkeit, mit den drei Referent*innen ins Gespräch zu kommen und in einen fachlichen Austausch untereinander zu treten. 
     

    Der Dialogreihe gelang über die zwei Veranstaltungstage die Verknüpfung von wissenschaftlichen Erkenntnissen zur COVID-19 und sozialer Ungleichheit mit Beispielen guter Praxis. So konnte der Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis gefördert und der interdisziplinäre Austausch gestärkt werden. 

    Hier können Sie die Präsentationen der Praxisbeispiele herunterladen:
     

    Bremer Projekte zu stadtteilbezogenen Unterstützungsangebote im Rahmen der Covid19-Pandemie

    gesund hoch3 – gesund im Veedel

    Gesunde Bildung und Zusammenleben 2030

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de

 

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