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Wirkungsorientierung im Landesprogramm „Präventionsketten Hessen“
Das Wirkungsmodell des Landesprogramm macht Veränderungen auf kommunaler, Landes- und Programmebene sichtbar.
Wirkungsorientierung als Steuerungs- und Reflexionsinstrument in der Gesundheitsförderung
Wirkungsorientierung bedeutet, schon zu Beginn eines Projekts oder Programms genau zu überlegen: Was wollen wir verändern – für wen – und wie wissen wir, ob das gelingt?
Dazu gehört, Ziele klar zu benennen, den Weg dorthin zu planen und im Verlauf regelmäßig zu prüfen, ob man auf Kurs ist. Wenn nötig, wird nachgesteuert.
In der Gesundheitsförderung ist eine wirkungsorientierte Arbeitsweise ein zentrales Instrument für die Steuerung komplexer Prozesse sowie zur strukturierten Planung von Vorhaben. Sie trägt dazu bei, sowohl intern als auch extern Transparenz über angestoßene Veränderungen zu schaffen. Bereits in der Planungsphase werden die angestrebten Wirkungen als konkrete Zielsetzungen formuliert (Kurz & Kubek 2021). Diese Ziele und deren Erreichungsgrad werden im weiteren Verlauf kontinuierlich überprüft, und das Handeln wird daraufhin ausgerichtet (Deffte et al. 2019).
Wirkungsorientierung spiegelt eine Haltung wider, die auf Lernen ausgerichtet ist und eine konstruktive Fehlerkultur voraussetzt. Wenn Entwicklungen in eine unerwünschte Richtung verlaufen, ist es wichtig, rechtzeitig und wirksam gegenzusteuern. Dies erfordert, dass alle am Prozess Beteiligten wissen, wohin die „Reise“ gehen soll und wo sie sich aktuell befinden.
Wirkungen sind Veränderungen – etwa im Verhalten einer Zielgruppe oder in Strukturen – die durch gesundheitsfördernde Maßnahmen ausgelöst werden. Diese Veränderungen können positiv oder negativ sein und müssen nicht immer geplant auftreten. Von Wirksamkeit spricht man, wenn eine Maßnahme die gewünschten Wirkungen tatsächlich erzielt. Evaluationen prüfen meist die Wirksamkeit im Nachhinein – Wirkungsorientierung denkt diesen Prozess von Anfang an mit.
Sie berücksichtigt nicht nur die Wirkungen, sondern auch die eingesetzten Ressourcen, Aktivitäten und deren Zusammenspiel.
Gerade in komplexen Handlungsfeldern wie der Gesundheitsförderung sind diese Zusammenhänge vielschichtig. Unterschiedliche Zielgruppen, sich wandelnde Lebenswelten und externe Einflüsse erschweren eindeutige Zuweisungen. Ein messbarer „Return on Investment“ lässt sich hier kaum sinnvoll bestimmen (Muscutt & Rostock 2021). Die Frage nach der Wirkung bleibt jedoch zentral, um Maßnahmen laufend an den gesetzten Zielen auszurichten und gegebenenfalls anzupassen.
Ein Wirkungsmodell hilft, solche Wirkungszusammenhänge über verschiedene Zeiträume und Ebenen hinweg zu ordnen und zu veranschaulichen. Es reduziert Komplexität und dient als praxisnahes Arbeitsinstrument (Kolip et al. 2019). Modelle wie dieses zeigen auf, wie Maßnahmen durch gezielten Ressourceneinsatz und konkrete Aktivitäten zu den angestrebten Wirkungen führen können (Kurz & Kubek 2021).
Wirkungsmodell im Landesprogramm Präventionsketten Hessen
Für das Landesprogramm wurde ein Wirkungsmodell entwickelt, das auf dem Modell der Präventionsketten Niedersachsen basiert. Dieses orientiert sich an der PHINEO-Wirkungstreppe, unterscheidet aber zwischen strukturellen Wirkungen und Wirkungen bei der Zielgruppe (Brandes et al. 2022). Das Wirkungsmodell aus Niedersachsen wurde im Rahmen des Projekts an die hessischen Rahmenbedingungen und Bedarfe angepasst und weiterentwickelt. Eine Besonderheit: Es bildet nicht nur die kommunale, sondern auch die Landes- und Programmebene ab.

Welche Wirkungen sollen erzielt werden?
Alle Ebenen – Kommunal-, Landes- und Programmebene – verfolgen gemeinsam das gleiche übergeordnete gesellschaftliche Ziel (Impact). Dieses besteht in der Vision, in den hessischen Kommunen eine kindgerechte und familienfreundliche Gesellschaft zu schaffen, die allen Kindern ein gelingendes Aufwachsen ermöglicht.
Konkret soll die soziale, gesundheitliche, materielle und kulturelle Lebenslage der Kinder gefördert und verbessert werden. Das Landesprogramm „Präventionsketten Hessen“ fordert dazu auf, die Umsetzung der Kinderrechte gezielt zu fördern. Die Kinder und Familien sollen sich ihrer Rechte bewusst sein. Dazu gehören das Recht auf Gleichbehandlung, Mitbestimmung, Kindeswohlvorrang und Entwicklung. Sie sollten auch Möglichkeiten der Umsetzung kennen und diese erfolgreich einfordern können. Die Nutzung von neuen und optimierten Angeboten in ihren Kommunen kann die Kinder und ihre Familien dabei unterstützen (Outcome 2).
Um diese Wirkungen bei der Zielgruppe zu erzielen, werden vorab auf der strukturellen Ebene (Outcome 1) Veränderungen angestoßen. Dies betrifft sowohl die kommunale Ebene als auch die Landesebene.
Auf kommunaler Ebene (siehe linke Seite des Wirkungsmodells) werden strukturelle Veränderungen angestrebt (Outcome 1). Ziel ist, dass kommunal Handelnde – etwa aus Politik, Verwaltung, Fachpraxis und Interessenvertretungen – zusätzliche Kompetenzen erwerben und die Umsetzung der Kinderrechte sowie integrierte Zusammenarbeit im Alltag selbstverständlich werden. Dafür werden im Programmverlauf bedarfsorientierte Angebote für Fachkräfte sowie Konzepte für Kinder und Familien entwickelt oder weiterentwickelt. Grundlage ist ein verstärktes, ressortübergreifendes Handeln und Vernetzen auf kommunaler Ebene.
Zur Erreichung dieser Wirkungen braucht es konkrete Aktivitäten und Leistungen (Outputs): In den Kommunen sollen beteiligungsorientierte Konzepte und Strukturen entwickelt und umgesetzt werden – auf Basis von Bedarfs- und Strukturanalysen. Die kommunal Handelnden werden dafür gezielt vorbereitet. Die Landeskoordinierungsstelle unterstützt die Koordinierungsfachkräfte mit Qualifizierungen und Austauschformaten. Diese tragen die Ansätze der Präventionskettenarbeit in kommunale Netzwerke und Gremien – bei Bedarf erweitert um weitere Akteure. Flankierend werden in zwei kommunalen Ressorts Koordinierungsfachkräfte etabliert und in ihrer Zusammenarbeit unterstützt.
Das Landesprogramm Präventionsketten Hessen bezieht die Landesebene aktiv in die Umsetzung ein, um nachhaltige strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen. Im Wirkungsmodell werden daher auch Landes- und Programmebene gemeinsam mit den übergreifenden Zielen abgebildet (siehe rechte Seite der Abbildung 2). Ziel ist es, dass Kinderrechte und Präventionsketten landesweit bekannt, verknüpft und berücksichtigt werden. Dafür werden entsprechende Aktivitäten sowie fach- und ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Landesebene initiiert und gestärkt – inklusive der Einbindung externer Fachakteur*innen.
Gleichzeitig sollen Erkenntnisse aus der kommunalen Präventionskettenarbeit Landesaktivitäten wie die Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie, die Kommunale Gesundheitskoordination (GeKo) und Landesarbeitsgemeinschaften beeinflussen. Das Programm soll sich passgenau in die hessische Förderlandschaft einfügen. Zur Erreichung der strukturellen Wirkungen (Outcome 1) werden Konzepte für landesspezifische Strukturen, Austauschformate und Grundlagenvermittlung entwickelt. Ein breit aufgestellter Beirat sowie Beteiligungsformate begleiten die Programmumsetzung. Monitoring, politische Rahmung und ressortübergreifende Abstimmungen in der Lenkungsrunde sichern die wirkungsorientierte Ausrichtung. Die Landeskoordinierungsstelle arbeitet von Beginn an eng mit den Förderpartner*innen zusammen, um tragfähige Strukturen aufzubauen.
Bild: © Wirkungsmodell Landesprogramm Präventionsketten Hessen (2024) HAGE, in Anlehnung an Humrich, Petras & Richter-Kornweitz (2022) nach Brandes (2017) und Phineo (2021), zitiert nach Brandes, Humrich & Richter-Kornweitz (2022), S. 4