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Gesundheitsförderung in der Kita-Konzeption

Empfehlungen für die Praxis

1. Juli 2025
Gesundheitsförderung ist eine zentrale Grundlage für Bildung, Entwicklung und Teilhabe – und sollte deshalb fest in der Konzeption jeder Kita verankert sein. Doch wie gelingt das in der Praxis? Die Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita gibt in diesem Beitrag konkrete Empfehlungen, stellt zentrale Inhalte vor und zeigt, warum sich eine konzeptionelle Einbindung nachhaltig lohnt.
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Warum sich Gesundheitsförderung in der Konzeption lohnt

Gesundheitsförderung bildet eine wichtige Grundlage für Bildung, Entwicklung und Teilhabe. Damit gesundheitsförderliches Handeln im Kita-Alltag nachhaltig wirken kann, sollte es verbindlich in der Konzeption verankert sein.
Eine durchdachte konzeptionelle Einbindung bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Sie schafft Verbindlichkeit, stärkt die Qualitätssicherung und macht gesundheitsförderliche Ansätze sichtbar, reflektierbar und weiterentwickelbar. Auch die Zusammenarbeit im Team, mit Eltern und dem Träger wird dadurch gestärkt. Die Planung wird vorausschauender, und alle Mitarbeitenden können aktiv in den Prozess eingebunden werden. Auf diese Weise entsteht eine tragfähige Grundlage für eine nachhaltige, gesundheitsfördernde Kita-Kultur. Die Entwicklung einer solchen Konzeption ist ein langfristiger Prozess, der sich über ein bis zwei Jahre erstrecken kann und regelmäßig überprüft sowie angepasst werden sollte.

Rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen

In vielen Kitas ist Gesundheitsförderung bereits gelebte Praxis – sei es durch Bewegungsangebote, gesunde Mahlzeiten, Rituale zur Stärkung des seelischen Wohlbefindens oder eine achtsame Teamkultur.

Gesetzlich ist Gesundheitsförderung umfassend verankert. So regelt § 45 SGB VIII auf Bundesebene, dass Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nur dann eine Betriebserlaubnis erhalten, wenn das Wohl der Kinder gewährleistet ist. Ergänzend schreibt das Hessische Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (§ 6 HKJGB) vor, dass die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der Kinder gefördert werden soll – inklusive Gesundheitsschutz und sicherer Umgebung.

Weitere rechtlich relevante Grundlagen sind unter anderem die Hessische Hygieneverordnung, die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die Unfallverhütungsvorschriften der DGUV sowie das Kinderförderungsgesetz (KiFöG), das landesrechtliche Rahmenbedingungen für Kindertageseinrichtungen festlegt.

Darüber hinaus werden Kindertageseinrichtungen im Präventionsgesetz (§ 20a SGB V) als zentrale Lebenswelten für Gesundheitsförderung benannt. Krankenkassen sind beauftragt, hier gesundheitsförderliche Strukturen zu etablieren und zu stärken – mit dem Ziel, gesundheitliche Ressourcen frühzeitig zu fördern und Ungleichheiten zu verringern.

Auch der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) bildet eine zentrale fachliche Grundlage. Er empfiehlt ausdrücklich die Integration von Gesundheitsförderung als Teil frühkindlicher Bildung und verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz, der das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden gleichermaßen berücksichtigt. Besonders bei der (Weiter-)Entwicklung der Kita-Konzeption kann der BEP als Leitlinie dienen. Zusätzliche praxisnahe Anregungen bietet die HAGE-Handreichung „Gesundheitsfördernde Kita“.

Inhalte und Schwerpunkte in der Konzeption

Gesundheitsförderung sollte als Querschnittsthema in der Konzeption erkennbar sein und verschiedene Ebenen der Kita-Praxis einbeziehen. Die nachfolgenden Inhalte und Impulsfragen helfen bei der strukturierten Umsetzung und dienen als Reflexionshilfe. Wichtig ist dabei: Die Konzeption ist kein fertiges Produkt, sondern ein lebendiges Dokument, das sich mit der Praxis weiterentwickelt. Nicht alle Themenbereiche müssen umfassend bearbeitet werden – jede Kita entscheidet individuell, worauf sie ihren Fokus legt.

1. Leitbild und Grundverständnis
  • Welches Verständnis von Gesundheit haben wir?
  • Welche Ressourcen stehen uns zu Verfügung?
  • Welche Themen und Schwerpunkte sind uns wichtig?
2. Gesundheitsförderung der Kinder

2.1 Bewegung: Alltagsbewegung und spezifische Bewegungsangebote

  • Welche Bewegungsangebote gibt es?
  • Wann sind im Tagesablauf Bewegungsmomente eingeplant?
  • Wie unterstützen die Raumgestaltung und das Mobiliar die Bewegungsfreude der Kinder?
  • Wie fördert das Außengelände den Bewegungsdrang?
  • Wie oft finden Bewegungsangebote in der Natur statt?
  • Wie wird die Fein- und Grobmotorik gezielt gefördert?

2.2 Ernährung: gesunde Mahlzeiten und Partizipation

  • Ist unser Speiseplan ausgewogen, vielfältig, regional, saisonal und nachhaltig?
  • Wird sich an den DGE-Standards orientiert?
  • Wird der zuckerfreie Vormittag umgesetzt?
  • Werden Getränke wie Wasser oder ungesüßter Tee aus offenen Bechern angeboten?
  • Welche Mahlzeiten werden von der Kita gestellt (Frühstück, Nachmittagssnack)?
  • Werden die Kinder an der Essensplanung beteiligt?
  • Dürfen Kinder Feedback zum Essen geben, beispielsweise mit Smiley-Karten? Wird dieses berücksichtigt?
  • Werden gemeinsame Koch- und Backaktionen angeboten?
  • Werden die Grenzen der Kinder geachtet (kein Zwang zum Probieren oder Aufessen)?
  • Dürfen Kinder (vor allem jüngere) mit den Händen essen?
  • Welche Lebensmittel sind bei Geburtstagen oder Feiern erlaubt?
  • Werden die Fachkräfte als Vorbilder beim Essen wahrgenommen (Neugier, Genuss)?
  • Essen die Fachkräfte gemeinsam mit den Kindern und in einer entspannten Atmosphäre?
  • Werden die Mahlzeiten für die Fachkräfte kostenfrei oder vergünstigt angeboten?
  • Wie wird das Thema Ernährung im Alltag pädagogisch aufgegriffen?
  • Wie wird das Thema Ernährung im Team behandelt (z. B. durch Fortbildungen)?
  • Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Eltern zum Thema Ernährung aus?

2.3 Entspannung und Schlaf

  • Haben die Kinder die Möglichkeit zu schlafen? Werden sie geweckt?
  • Wie wird mit Elternwünschen zum Schlafverzicht umgegangen?
  • Gibt es Rückzugsorte für alle Kinder?
  • Wie werden Entspannungs- und Ruhezeiten gestaltet?
  • Wie werden die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt?
  • Werden Entspannungsübungen (z. B. Traumreisen) angeboten?

2.4 Hygiene und Zahngesundheit

  • Wie werden die Hygienemaßnahmen umgesetzt?
  • Wie werden die Kinder an das Thema Hygiene herangeführt?
  • Wann findet das gemeinsame Zähneputzen statt?
  • Hat jedes Kind eine eigene Zahnbürste?
  • Gibt es Kooperationen mit der Jugendzahnpflege oder einer Zahnarztpraxis?
  • Haben die Fachkräfte aus dem Team Fortbildungen zur Zahngesundheit absolviert?
  • Wurde das Wissen aus den Fortbildungen mit dem Team geteilt?

2.5 Sexualität, emotionale Sicherheit und Resilienz

  • Wie wird mit kindlicher Sexualität und Doktorspielen umgegangen?
  • Haben die Fachkräfte Fortbildungen zum Thema „kindliche Sexualität“ absolviert?
  • Wie wird ein sicherer Ort für die Kinder geschaffen?
  • Wie wird mit den Kindern über ihre Gefühle gesprochen?
  • Wie wird mit Emotionen wie Wut umgegangen?
  • Wie werden die Resilienz und die Selbstwirksamkeit der Kinder gestärkt?
3. Gesundheitsförderung der pädagogischen Fachkräfte

3.1 Arbeitsbedingungen und Pausen

  • Gibt es einen separaten Pausenraum, in dem Mitarbeitende ungestört und in Ruhe ihre Pause machen können?
  • Werden Pausen eingeplant und eingehalten?
  • Gibt es ergonomische Arbeitsplätze?

3.2 Teamkultur und Führung

  • Wie lebt das Team seine Vorbildfunktion gegenüber den Kindern (z. B. Wertschätzung)?
  • Wie wird im Team miteinander gesprochen, insbesondere über Konflikte und Feedback?
  • Wie wird sich gegenseitig im Team unterstützt?
  • Gibt es regelmäßige Teamsitzungen und Feedbackgespräche?
  • Werden jährliche Personalgespräche geführt?
  • Wie lebt die Leitung ihre Vorbildfunktion (Selbstfürsorge, Wertschätzung, Reflexion, offene und klare Kommunikation etc.)?
  • Gibt es einen Notfallplan bei Personalmangel, der transparent kommuniziert und gemeinsam erarbeitet wurde?  

3.3 Resilienz und Entwicklung

  • Wie wird die Resilienz im Team gestärkt?
  • Wird regelmäßig an Fortbildungen teilgenommen?
  • Wird die Partizipation im Team gelebt (z. B. bei der Dienstplangestaltung)?
  • Werden alle Teammitglieder mit ihren Fähigkeiten gesehen und eingebunden?
  • Gibt es Raum, die persönlichen Stärken der Teammitglieder einzusetzen?
4. Elternarbeit und Kooperationen

4.1 Zusammenarbeit mit den Eltern

  • Werden die Eltern an gesundheitsrelevanten Programmen und Themen beteiligt?
  • Sind Eltern bzw. der Elternrat bei der Entwicklung eines Notfallplans eingebunden? Werden die einzelnen Schritte bei Personalmangel transparent kommuniziert, sodass kein Unmut entsteht?
  • Besteht eine Kommunikation mit den Eltern über mitgebrachte Speisen (z. B. gesunde Brotdosen)?
  • Werden die Eltern transparent über Angebote zur Gesundheitsbildung informiert?
  • Gibt es einen kooperativen Austausch und gegenseitige Unterstützung mit den Eltern?

4.2 Kooperationen und Netzwerke

  • Welche Kooperationen bestehen (z. B. mit Frühen Hilfen, Ärzt*innen, Jugendamt, Krankenkassen, Sportvereinen)?
  • An welchen Programmen wird teilgenommen?
  • Gibt es Vernetzungen mit anderen Institutionen?
  • Ist die Kita zertifiziert (z. B. nach FID KID oder als Bewegungskita)?
5. Reflexion und Weiterentwicklung
  • Werden die Konzeption und die pädagogische Arbeit regelmäßig (z. B. einmal im Quartal) evaluiert und bei Bedarf angepasst?
  • Ist das gesamte Team einschließlich der Leitung gleichermaßen an der Erarbeitung der Konzeption beteiligt?
  • Werden die Anpassungen dokumentiert und nach außen kommuniziert?

Gute Praxisbeispiele

Ein Blick in bestehende Konzeptionen anderer Kitas kann den eigenen Einstieg erleichtern und dabei helfen, Ideen weiterzuentwickeln. Zur Inspiration stehen hier drei Konzeptionen aus der Praxis zum Download (PDF) zur Verfügung:

Zudem konnten wir Melanie Lüschen, die Leitung der Kita Krähenwinkel, für ein Interview gewinnen. Darin gibt sie spannende Einblicke, wie Gesundheitsförderung im Alltag ihrer Einrichtung gelebt und dauerhaft in der Konzeption verankert wird. Sie berichtet unter anderem:

  • wie ihr Team die Konzeption Schritt für Schritt entwickelt hat,
  • welche Rolle externe Partner*innen wie beispielsweise Krankenkassen dabei spielten,
  • wie die Einrichtung zur Selbstversorger-Kita wurde,
  • und warum das Bewegungssiegel eine wichtige Grundlage bildet.


Eine Zusammenfassung des gesamten Interviews mit der Leitung der Kita Krähenwinkel finden Sie im Artikel „Aus der Praxis: Gesundheitsförderung in der Kita-Konzeption“ auf unserer Webseite.

Zertifizierungsprogramme für die Praxis

Ergänzend zur fachlichen Orientierung durch den BEP und die HAGE-Handreichung können Zertifizierungsprogramme eine hilfreiche Unterstützung im Konzeptionsprozess bieten. Sie helfen Kitas, gesundheitliche Schwerpunkte zu setzen, Prozesse zu strukturieren, Wissen zu vertiefen und ihr Engagement sichtbar zu machen.

Folgende Programme bieten themenspezifische Zertifizierungen:

Die Rolle der Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita

Die Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita unterstützt hessische Träger, Fachberatungen und Leitungskräfte dabei, gesundheitsförderliche Strukturen in ihren Einrichtungen nachhaltig zu verankern. Sie bietet unter anderem auf Grundlage des BEP praxisnahe Fortbildungen und Beratungen an.

Aus Rückmeldungen in Fortbildungen wurde deutlich, dass der Bedarf an Unterstützung bei der Integration von Gesundheitsförderung in die Konzeption wächst. Die Fachstelle hat deshalb Empfehlungen erarbeitet, welche Inhalte berücksichtigt werden sollten, wie der Prozess gestaltet werden kann und warum eine konzeptionelle Verankerung unabdingbar ist.

Mehr als 1.000 Kitaleitungen und Fachberatungen haben bereits an der dreitägigen BEP-Fortbildung zur Gesundheitsförderung teilgenommen. Ziel dieses Beitrags ist es, Einrichtungen eine konkrete Orientierung und Unterstützung für die Umsetzung in der eigenen Konzeption zu bieten. Ein sinnvoller erster Schritt kann die Teilnahme an der Fortbildung „Gesundheitsfördernde Kita auf der Grundlage des BEPs“ sein, um ein fundiertes Verständnis zu entwickeln.

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